Gesundheitswesen 2023; 85(07): 609-621
DOI: 10.1055/a-1851-4287
Originalarbeit

Erfahrungen und Resilienz von Mitgliedern des Hygieneteams während der SARS-CoV-2 Pandemie

Experiences and Resilience of Hygiene Team Members During the SARS-CoV-2 Pandemic
Sebastian Schulz-Stübner
1   Wissenschaftlicher Dienst, Deutsches Beratungszentrum für Hygiene (BZH GmbH), Freiburg, Germany
2   Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Universitätsklinikum Freiburg Medizinische Universitätsklinik, Freiburg im Breisgau, Germany
3   Gesundheitspädagogik, Pädagogische Hochschule Freiburg, Freiburg im Breisgau, Germany
,
Thomas Hauer
4   Hygiene, Deutsches Beratungszentrum für Hygiene (BZH GmbH), Freiburg, Germany
,
Katharina Nopper
5   Akademie, Deutsches Beratungszentrum für Hygiene (BZH GmbH), Freiburg, Germany
› Author Affiliations

Zusammenfassung

Hintergrund Die SARS-CoV-2 Pandemie hat Mitarbeitende im Gesundheitswesen vor vielfältige Herausforderungen gestellt: Dies betrifft sowohl inhaltlich-praktische Aspekte, als auch psychologische Fragen bei der Verarbeitung des Geschehens. Fragestellung und Ziele: Zielsetzung der vorliegenden Arbeit war die Evaluation der Erfahrungen der Mitglieder der Hygieneteams während der Pandemie und die Analyse der Selbsteinschätzung der eigenen Situation zur Ermittlung von möglichen Resilienzfaktoren.

Material und Methoden Während des Freiburger Infektiologie- und Hygienekongresses 2021, der unter Coronamaßnahmen in Präsenz stattfand, wurde eine Fragebogenaktion durchgeführt. Die deskriptive Auswertung erfolgte mittels Excel. Zur Prüfung auf statistische Signifikanz mit einem p<0,05 wurde der Chi-Quadrat-Test (SPSS Statistic Standard-Version) verwendet.

Ergebnisse 391 Fragebögen von 750 verteilten Bögen konnten ausgewertet werden. 48% des Gesamtkollektivs waren Hygienefachkräfte, 12% Hygienebeauftragte in der Pflege (sog. Link Nurses), 12% Medizin-/Krankenhaushygieniker, 17% hygienebeauftragte Ärzte, 1% Betriebsärzte oder Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst und 10% fielen unter verschiedene Bereiche des öffentlichen Gesundheitswesens, edukative Einrichtungen und Industrie (Sonstige). 72% der Befragten waren weiblich, 25,3% männlich, 0,2% divers und 2,5% machten keine Angaben. Weiter ausgewertet wurden die 349 Fragebögen der Mitglieder des Hygieneteams im engeren Sinne (Hygienefachkräfte, Hygienebeauftragte in der Pflege, Krankenhaushygieniker und hygienebeauftragte Ärzte). Die Befragten gaben ein hohes Selbstgefühl der Fachkompetenz, Wichtigkeit ihrer Tätigkeit und Wertschätzung an und ein niedriges Maß an Ängsten oder Hoffnungslosigkeit. Gut ein Viertel der Befragten berichtete über Ärger und Frustration ohne Beeinträchtigung der Motivation. Hauptinformationsquelle war das Robert Koch-Institut (RKI). Soziale Medien wurden überwiegend schlecht beurteilt. Die innerbetriebliche Zusammenarbeit und die Kooperation mit den Gesundheitsämtern wurden mehrheitlich als gut bewertet.

Schlussfolgerung Unsere Befragung zeigt ein hohes Maß an Resilienz der Hygieneteams in der Pandemie trotz offensichtlicher Probleme bei Material, Logistik und Personal, wobei selbst empfundene Fachkompetenz und die entgegengebrachte Wertschätzung als wesentliche protektive Faktoren angesehen werden können. Die aus den Erfahrungen abgeleiteten Verbesserungsvorschläge hinsichtlich Infrastruktur, Kommunikation und Planung für zukünftige Ereignisse sollten beachtet und umgesetzt werden und dürfen auch nach Übergang der Pandemie in eine endemische Phase mit normalisierter Versorgungsstruktur nicht wieder in Vergessenheit geraten. Damit kann nicht nur die Resilienz der Hygieneteams erhalten werden, sondern auch eine Stärkung des Gesamtsystems erreicht werden.

Abstract

Background In compliance with German data protections regulations, we conducted an anonymous survey among participants of the annual infectious disease and control meeting in Freiburg, Germany in October 2021.

Material and Methods We report the results of nurse and physician members of infection control teams on their perceptions and emotions during the pandemic. Descriptive statistics and Chi Square Test with P<0.05 (SPSS Statistics Standard Version) were used when applicable.

Results Of the 391 of 750 distributed surveys, 391 were returned; 48% were infection control practitioners (IP), 12% Link Nurses (LN), 12% Board Certified Hospital Epidemiologists (HE), 17% infection control-trained physicians (ITP), 1% Occupational Health or Public Health specialists and 10% others. 72% were female, 25.3% male, 0.2% divers and 2.5% gave no answers. The 349 members of infection control teams (IP, LN, HE, ITP) reported a high level of competency, importance and appreciation and a low rate of anxiety or hopelessness. A quarter reported anger and frustration which nevertheless did not result in reduced motivation. Information provided by the German national health agency Robert Koch-Institute (RKI) was utilized most by participants. Social media, on the other hand, were criticized frequently. Cooperation within the institution and local public health authorities was good. Free text answers regarding lessons learned showed wide potential for improvement.

Conclusion Our survey results indicate a high level of resilience among members of infection control teams in German medical institutions despite obvious shortcomings in supplies during the first wave of the pandemic. The high level of self-perceived competency and appreciation possibly helped deal with the situation and prevented the feeling of loss of control implied in the question items “feeling overwhelmed” and “hopeless”. However, the lessons learned from the pandemic need to be implemented to maintain this high level of resilience not only for infection control teams but the medical system in general.



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Article published online:
09 September 2022

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