Klin Monbl Augenheilkd 2015; 232 - KV08
DOI: 10.1055/s-0035-1569162

Binokuläre Diplopie nach Kataraktoperation

MJ Rossel 1, R Bergholz 1, DJ Salchow 1
  • 1Klinik für Augenheilkunde, Charité Campus Virchow-Klinikum, Berlin

Hintergrund: Binokuläre Diplopie ist eine seltene, aber signifikante Komplikation der Kataraktoperation. Diese Studie untersuchte Ursachen und Risikofaktoren für neu aufgetretene binokuläre Diplopie nach Kataraktoperation. Methoden: 23 konsekutive Patienten, die sich zwischen 12/2014 und 08/2015 aufgrund einer nach Kataraktoperation aufgetretenen binokulären Diplopie vorstellten, wurden in diese Studie eingeschlossen. Retrospektiv erfolgte die statistische Auswertung der Augenstellung (mittels Prismencovertest und Harmswand ermittelt) und der Motilität der Augen des Patientenkollektivs initial sowie im Verlauf. Ebenso untersucht wurden auslösende Faktoren sowie Therapie und Erfolg derselben. Ergebnisse: Bei 78% der Patienten lag ein Höhenschielen vor, welches nach Peri- oder Retrobulbäranästhesie aufgetreten war. Davon bestand in 70% eine positive Vertikaldeviation, die in 64% durch einen Tieferstand des operierten linken und in 36% durch einen Höherstand des operierten rechten Auges bedingt war. An den betroffenen rechten Augen zeigte sich meist ein Senkungsdefizit im Sinne einer Parese des Musculus rectus inferior. Bei den in größerer Anzahl betroffenen linken Augen zeigte sich meist ein Hebungsdefizit kombiniert mit einem Senkungsüberschuss des M. rectus inferior. Bei 9% der Patienten blieb die Anästhesieform unklar, diese Patienten wiesen ein Senkungsdefizit des operierten rechten Auges auf. Bei den übrigen Patienten lagen von der Anästhesieform unabhängige horizontale Schielformen vor. Die Schielwinkel waren im Zeitraum der Nachbeobachtung stabil, eine Prismenkorrektur führte in allen Fällen zur Diplopiefreiheit im Gebrauchsblickfeld. In 39% erfolgte bei hohem Prismenbedarf eine chirurgische Therapie, mit im Mittel 1,4 Augenmuskeloperationen wurde in den meisten Fällen eine Diplopiefreiheit im Gebrauchsblickfeld erreicht. Schlussfolgerungen: Peri- oder retrobulbäre Injektionen eines Lokalanästhetikums vor Kataraktoperationen bergen ein Risiko für eine anhaltende vertikale Diplopie. Auffällig ist das seitendifferente Motilitätsdefizit, welches einen Einfluss des Injektionswinkels vermuten lässt. Die Therapie der Doppelbilder mit Prismen und Augenmuskeloperation ist zumeist erfolgreich.