Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1605663
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Sozioökonomische Unterschiede in den Wegen zur Diagnostik der koronaren Herzkrankheit – einequalitative Studie aus Patientensicht

SL Schröder
1   Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät, Institut für Medizinische Soziologie, Halle (Saale)
,
A Fink
1   Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät, Institut für Medizinische Soziologie, Halle (Saale)
,
L Hoffmann
1   Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät, Institut für Medizinische Soziologie, Halle (Saale)
,
N Schumann
1   Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät, Institut für Medizinische Soziologie, Halle (Saale)
,
O Martin
1   Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät, Institut für Medizinische Soziologie, Halle (Saale)
,
M Richter
1   Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät, Institut für Medizinische Soziologie, Halle (Saale)
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Publication History

Publication Date:
01 September 2017 (online)

 

Einleitung:

Studien zeigen, dass sozioökonomische Unterschiede in der Mortalität und Morbidität der koronaren Herzkrankheit (KHK) bestehen. Zu Ungleichheiten in der Versorgung ist hingegen bislang wenig bekannt. In dieser qualitativen Studie werden sozioökonomische Unterschiede in den Patientenwegen zur Diagnostik der KHK untersucht.

Methode:

Es wurden 38 semi-strukturierte Interviews mit älteren KHK-Patienten analysiert, die am Universitätsklinikum Halle von 2014 bis 2015 durchgeführt wurden. Die Berichte der Patienten bis zur Diagnosestellung wurden induktiv inhaltsanalytisch ausgewertet. Durch Vergleich und Kontrastierung der Interviews, wurden sozioökonomische Unterschiede exploriert.

Ergebnisse:

Die Symptome wurden von den Patienten mithilfe von Erwartungen, Normalisierung, Linderung, sowie Hilfe von Dritten interpretiert bis die Patienten aktiv wurden und elektiv oder als Notfall diagnostiziert wurden. Die sozioökonomischen Unterschiede entlang der Diagnosepfade waren eher gering, jedoch zeigte sich, dass nur Patienten mit niedrigem Sozialstatus trotz chronischer KHK-Symptome so lange warteten bis sie einen Herzinfarkt erlitten. Zudem wurde eine aktive Behandlungsverzögerung überwiegend von Patienten mit niedrigem sozioökonomischem Status (SES) berichtet. Während sich entlang der Notfall-Diagnostik keine weitergehenden Unterschiede zeigten, berichteten entlang der elektiven Diagnostik nur Patienten mit niedrigem SES, dass der Hausarzt für sie einen Termin beim Kardiologen vereinbart hatte.

Schlussfolgerungen:

Sozioökonomische Unterschiede auf dem Weg zur Diagnostik der KHK werden hauptsächlich verursacht, bevor die Patienten aktiv in das Gesundheitssystem eintreten. Die Unterschiede sind eher gering, jedoch stärker bei elektiver Diagnostik mit geringen Symptomen ausgeprägt. Hausärzte sollten aufmerksamer für Symptomhinweise von Patienten mit niedrigem SES sein, den Zugang zu Fachärzten erleichtern und die Ernsthaftigkeit der KHK-Erkrankung stärker betonen.