Einleitung:
Studien zeigen, dass sozioökonomische Unterschiede in der Mortalität und Morbidität
der koronaren Herzkrankheit (KHK) bestehen. Zu Ungleichheiten in der Versorgung ist
hingegen bislang wenig bekannt. In dieser qualitativen Studie werden sozioökonomische
Unterschiede in den Patientenwegen zur Diagnostik der KHK untersucht.
Methode:
Es wurden 38 semi-strukturierte Interviews mit älteren KHK-Patienten analysiert, die
am Universitätsklinikum Halle von 2014 bis 2015 durchgeführt wurden. Die Berichte
der Patienten bis zur Diagnosestellung wurden induktiv inhaltsanalytisch ausgewertet.
Durch Vergleich und Kontrastierung der Interviews, wurden sozioökonomische Unterschiede
exploriert.
Ergebnisse:
Die Symptome wurden von den Patienten mithilfe von Erwartungen, Normalisierung, Linderung,
sowie Hilfe von Dritten interpretiert bis die Patienten aktiv wurden und elektiv oder
als Notfall diagnostiziert wurden. Die sozioökonomischen Unterschiede entlang der
Diagnosepfade waren eher gering, jedoch zeigte sich, dass nur Patienten mit niedrigem
Sozialstatus trotz chronischer KHK-Symptome so lange warteten bis sie einen Herzinfarkt
erlitten. Zudem wurde eine aktive Behandlungsverzögerung überwiegend von Patienten
mit niedrigem sozioökonomischem Status (SES) berichtet. Während sich entlang der Notfall-Diagnostik
keine weitergehenden Unterschiede zeigten, berichteten entlang der elektiven Diagnostik
nur Patienten mit niedrigem SES, dass der Hausarzt für sie einen Termin beim Kardiologen
vereinbart hatte.
Schlussfolgerungen:
Sozioökonomische Unterschiede auf dem Weg zur Diagnostik der KHK werden hauptsächlich
verursacht, bevor die Patienten aktiv in das Gesundheitssystem eintreten. Die Unterschiede
sind eher gering, jedoch stärker bei elektiver Diagnostik mit geringen Symptomen ausgeprägt.
Hausärzte sollten aufmerksamer für Symptomhinweise von Patienten mit niedrigem SES
sein, den Zugang zu Fachärzten erleichtern und die Ernsthaftigkeit der KHK-Erkrankung
stärker betonen.