Gesundheitswesen 2017; 79(08/09): 656-804
DOI: 10.1055/s-0037-1605713
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Psychosozialer Stress im ländlichen Raum: Problemlagen, subjektive Belastung und Inanspruchnahme von Hilfen

S Neumann
1   Hochschule Neubrandenburg (University of Applied Sciences), Fachbereich Soziale Arbeit, Bildung und Erziehung, Neubrandenburg
,
AG Franke
1   Hochschule Neubrandenburg (University of Applied Sciences), Fachbereich Soziale Arbeit, Bildung und Erziehung, Neubrandenburg
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Publication History

Publication Date:
01 September 2017 (online)

 

Gegenstand:

Psychosoziale Lebens- und Problemlagen als auch gesundheitliche Störungen werden auf der interpersonalen, familialen und sozialen Ebene ausgetragen. Wie sich insbesondere im ländlichen Raum die diversen Probleme äußern, wie hoch ihre subjektive Belastung ist und welche Ressourcen sie zu welchem Zeitpunkt beanspruchen, ist noch nicht hinreichend untersucht.

Methode:

Mithilfe eines Mixed-Mode-Panels (Online- und Paper-Pencil-Befragung) wurden in einem ländlichen Raum von Mecklenburg-Vorpommern quantitativ epidemiologische Daten zu psychosozialen Problem-und Krisenzuständen, deren Belastungen sowie Strategien der Belastungsbewältigung bei der Bevölkerung (n = 399) erhoben.

Ergebnisse:

Die Mehrheit der Befragten schrieb der Gesundheit und dem Familienleben eine hohe Relevanz zu, wenige waren damit aber zufrieden. Die Hälfte der Probanden (50,1%) war mit körperlichen und knapp ein Drittel (33,5%) mit seelischen Krankheitssymptomen konfrontiert; gefolgt von Familienproblemen (45,7%) und Ehe/Partnerschaftsproblemen (39,7%). Frauen gaben einen höheren Belastungsgrad als Männer an. Die Befragten haben Hilfe von Freunden (64,4%), Ehe-/Lebenspartnern (59,4%), Kindern bzw. Eltern (46,1%), aus dem Internet (10,2%), Hausärzten (9,7%) bzw. Psychotherapeuten (5,8%) oder Beratungsstellen (3,1%) in Anspruch genommen.

Diskussion:

Unabhängig der psychosozialen Problemlagen wünschten sich die Probanden eine Versorgung, die Vertrauen, Interesse, Empathie, Verpflichtung und Beziehungsarbeit leisten kann. Obwohl in der Region Beratungsstellen vorhanden sind, wurden diese selten genutzt. Diese defizitäre Inanspruchnahme zeigt, dass das Wissen um die Existenz und die Akzeptanz der Kompetenz psychosozialer Berufsgruppen sowie allgemein zum regionalen psychosozialen Selbsthilfe- und Versorgungssystem in der Bevölkerung immer noch relativ gering ist.

Fazit:

Eine interdisziplinäre Vernetzung in der Region könnte die Nutzung psychosozialer Versorgungsangebote in der Bevölkerung forcieren.