Gesundheitswesen 2019; 81(08/09): 655-656
DOI: 10.1055/s-0039-1694326
Kongresstag 1: 16.09.2019
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zeitliche Trends in der kognitiven Leistungsfähigkeit – Ergebnisse aus dem Verbundprojekt AgeDifferent.de

S Röhr
1   Universität Leipzig, Leipzig
,
A Pabst
1   Universität Leipzig, Leipzig
,
W Maier
2   Universität Bonn, Bonn
,
M Scherer
3   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg
,
M Wagner
4   Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), Bonn
,
SG Riedel-Heller
1   Universität Leipzig, Leipzig
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
23 August 2019 (online)

 

Einleitung:

In einer Meta-Analyse konnten wir zeigen, dass die Demenzinzidenz in einkommensstarken westlichen Ländern tendenziell sinkt (Roehr et al. 2018 Clin Epi). Dafür werden verschiedene Gründe diskutiert, etwa bessere Bildung oder verbesserte Versorgung kardiovaskulärer Erkrankungen. Uns interessierte in diesem Zusammenhang, wie sich die kognitive Leistungsfähigkeit in jüngeren vs. älteren Geburtskohorten verändert haben könnte. Dafür analysierten wir gepoolte Daten von zwei großen deutschen Alterskohorten.

Methoden:

Datengrundlage bildete die AgeDifferent.de Plattform, in der Individualdaten der Kohorten LEILA75+ und AgeCoDe/AgeQualiDe zusammengeführt wurden. Insgesamt beinhaltete der Datenpool 9 Follow-up-Assessments über einen Zeitraum von 20 Jahren (1997 – 2017). Wir haben adjustierte Prädiktionen des normalisierten Mini Mental Status-Test/MMST Scores, basierend auf dem Alter, für Individuen geboren vor dem Jahr 1920 vs. nach dem Jahr 1920 anhand von gemischten linearen Modellen berechnet und dabei Geschlecht, Bildung, Familienstand, Hypertonie, Diabetes mellitus und depressive Symptomatologie berücksichtigt.

Ergebnisse:

Zur Baseline konnten 3418 Studienteilnehmer (Alter: M = 79,8; 66,6% weiblich) ohne Demenzdiagnose eingeschlossen werden. Die gemischten Modelle zeigten einen nichtlinearen Alterseffekt auf die kognitive Leistungsfähigkeit für beide Geburtskohorten (vor 1920: χ2 = 628,7, p < 0,001; nach 1920: χ2= 261,5, p < 0,001). Es bestand eine signifikante Alters-Geburtskohorten-Interaktion, die nahelegte, dass sich die Assoziation zwischen Alter und kognitiver Leistungsfähigkeit zwischen den Geburtskohorten unterscheidet (χ2= 11,01, p < 0,05).

Diskussion:

Spätergeborene zeigten bessere kognitive Leistungsfähigkeit als Frühergeborene – zumindest bis zum 85. Lebensjahr. Nach dem 85. Lebensjahr zeigten sich vergleichbare Verläufe im kognitiven Abbau bei beiden Kohorten. Die Ergebnisse liefern weitere Evidenz für günstige Entwicklungen in der kognitiven Kapazität bei jüngeren Generationen – zumindest bis zu einem bestimmten Alter.