Gesundheitswesen 2019; 81(08/09): 736
DOI: 10.1055/s-0039-1694579
Kongresstag 3: 18.09.2019
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Arbeitsprozesse und psychische Belastungen in Hausarztpraxenteams am Beispiel der Rezepterstellung

E Tsarouha
1   Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen
,
S Emerich
1   Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen
,
C Preiser
1   Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen
,
B Weltermann
2   Universitätsklinikum Bonn, Bonn
,
T Seifried-Dübon
1   Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen
,
E Rind
1   Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
23 August 2019 (online)

 

Einleitung:

Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung geben Beschäftigte in Hausarztpraxen ein relativ hohes chronisches Stressempfinden an. In der vorliegenden Untersuchung werden Arbeitsprozesse und daraus resultierende Belastungen (Stressoren und Ressourcen) für Ärztinnen, Ärzte und Medizinische Fachangestellte (MFA) aufgezeigt.

Diese Studie ist ein Teilprojekt des vom BMBF-geförderten Verbundvorhabens IMPROVEjob (FKZ: 01GL1751A).

Methode:

Die Studie hat ein ethnographisches, methodenplurales Design. Die Daten wurden von Februar bis Mai 2018 anhand von teilnehmenden Beobachtungen in fünf Hausarztpraxen, Einzelinterviews mit den Praxisinhabenden sowie Fokusgruppendiskussionen mit MFA erhoben.

Die Datenanalyse erfolgte auf der Basis der Grounded Theory durch ein interdisziplinäres Team. Mittels der Beschreibung der Arbeitsprozesse ist es möglich, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den beobachteten Praxen herauszuarbeiten und hinsichtlich ihrer potentiellen Belastungen zu analysieren.

Ergebnisse:

Im Beitrag wird die Rezepterstellung als eine zentrale Aufgabe von Hausarztpraxen herausgegriffen. Bestimmte Aspekte erfolgen praxisübergreifend gleich, wie z.B. das Verordnen von Medikamenten durch die Ärztinnen und Ärzte. Dem gegenüber sind die einzelnen Arbeitsschritte und die daraus resultierenden Arbeitsabläufe über die Praxen hinweg unterschiedlich organisiert. Die aufgedeckten potentiellen Belastungen im Zusammenhang mit der Rezepterstellung sind vorrangig den Bereichen Arbeitsumgebung (durch Akteure einsehbare Arbeitsplätze), Arbeitsorganisation (Arbeitsunterbrechungen und kollegiale Unterstützung) und Arbeitsaufgabe (unvollständige Bearbeitung) als Quellen psychischer (Fehl-)Belastungen in Hausarztpraxen zuzuordnen.

Diskussion:

Der ethnographische Zugang erwies sich als besonders zielführend bei der Erfassung von Arbeitsprozessen aus verschiedenen Perspektiven (Ärztinnen/Ärzte, MFA, Beobachterinnen). Über die Methodentriangulation ist es möglich, „blinde Flecken“ von Einzelperspektiven sichtbar zu machen und zu reflektieren.

Die in den Ergebnissen offengelegten potentiellen psychischen Belastungen werden hinsichtlich der Implikationen für die Arbeitsprozesse und der Arbeitszufriedenheit diskutiert.