Gesundheitswesen 2019; 81(08/09): 748
DOI: 10.1055/s-0039-1694617
Kongresstag 3: 18.09.2019
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Stellenwert und Umsetzbarkeit von „Gesunder Ernährung“ bei jungen syrischen MigrantInnen – Ergebnisse einer qualitativen Befragung

A Sauter
1   Medizinische Soziologie, Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin, Universität Regensburg, Regensburg
,
S Kikhia
1   Medizinische Soziologie, Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin, Universität Regensburg, Regensburg
,
J von Sommoggy
1   Medizinische Soziologie, Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin, Universität Regensburg, Regensburg
,
J Loss
1   Medizinische Soziologie, Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin, Universität Regensburg, Regensburg
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Publication History

Publication Date:
23 August 2019 (online)

 

Einleitung:

Syrische ZuwandererInnen stellen die drittgrößte Ausländergruppe in Deutschland dar und sind damit potenzielle Adressaten für Gesundheitsförderungsmaßnahmen (z.B. Ernährungsprogramme). Es ist kaum bekannt, wie gesunde Ernährung in dieser Gruppe verstanden und umgesetzt wird, und welche Faktoren das Ernährungsverhalten beeinflussen.

Methode:

30 syrische MigrantInnen (m = 16, 18 – 35J., Aufenthalt 10 – 68 Monate) wurden mittels semistandardisierter Einzelinterviews 2018 befragt. Themen waren Bedeutung von gesunder Ernährung, Umsetzung im Alltag, Veränderungen gegenüber dem Herkunftsland. Interviews wurden in deutscher, englischer oder arabischer Sprache geführt, transkribiert und ggf. ins Englische übersetzt. Die Auswertung erfolgte in Anlehnung an „grounded theory“.

Ergebnisse:

Die Interviewpartner beschrieben gesunde Ernährung überwiegend als sehr wichtig. Die Vorstellungen zu gesunder Ernährung umfassten z.B. „wenig Fett“, „viel Obst und Gemüse“, „frisch gekocht“, „regelmäßige Mahlzeiten“. Dieses Wissen stammt von der Familie oder eigenen Internetrecherchen. Ihre Vorstellungen zu gesunder Ernährung konnten viele im Alltag nur bedingt umsetzen, was zu Unzufriedenheit führte und weshalb sich manche unter starken Druck setzten, gesünder zu essen. Alleinstehende MigrantInnen berichteten oft, Mahlzeiten nicht selber zubereiten zu können, aus Zeitmangel (z.B. Studium) oder mangelnder Erfahrung, da sie im Heimatland in der Familie versorgt wurden. Mit dem resultierenden Konsum von vorgefertigtem Essen (Fastfood, Tiefkühlprodukte) waren viele InterviewpartnerInnen unzufrieden. Während des Aufenthaltes in Deutschland hat sich bei vielen ein Bewusstsein für gesunde Ernährung entwickelt, v.a. aufgrund einer neuen Eigenständigkeit oder durch Einflüsse aus dem sozialen Umfeld in Deutschland.

Diskussion:

Der Stellenwert von Ernährung ist bei syrischen MigrantInnen hoch, jedoch erschweren ein unstrukturierter Alltag, fehlendes praktisches Wissen und Entwicklungsprozesse der späten Adoleszenz (z.B. selbstständige Alltagsführung) die Ausübung einer gesunden Ernährungsweise.