Gesundheitswesen 2019; 81(08/09): 754
DOI: 10.1055/s-0039-1694634
Kongresstag 3: 18.09.2019
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Soziales Netzwerk und kognitive Leistungsfähigkeit bei Hochbetagten: Warum ein sozial-aktiver Lebensstil auch im hohen Alter zählt

S Röhr
1   Universität Leipzig, Leipzig
,
W Maier
2   Universität Bonn, Bonn
,
M Scherer
3   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg
,
M Wagner
4   Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), Bonn
,
SG Riedel-Heller
1   Universität Leipzig, Leipzig
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Publication History

Publication Date:
23 August 2019 (online)

 

Einleitung:

Soziale Isolation geht mit beschleunigtem kognitiven Abbau und einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für Demenzerkrankungen einher; ist also ein Risikofaktor für diese Outcomes. Weniger ist bekannt über die Assoziation von sozialem Netzwerk und kognitiver Leistungsfähigkeit bei Hochbetagten – der Personengruppe mit höchstem Risiko für soziale Isolation und Demenzerkrankungen. Deshalb untersuchten wir längsschnittliche Effekte von sozialem Netzwerk auf die globale kognitive Leistungsfähigkeit in einer Stichprobe von demenzfreien Hochbetagten.

Methoden:

Datenanalysen beruhten auf den Erhebungswellen 6 bis 10 der multizentrischen, prospektiven AgeCoDe-/AgeQualiDe-Kohorte. Wir nutzten unadjustierte und adjustierte hybride lineare gemischte Modelle, um Zwischensubjekt- und Innersubjekteffekte des quantitativen sozialen Netzwerks (Lubben Social Network Scale/LSNS) auf die globale kognitive Leistungsfähigkeit (normalisierter Mini Mental Status-Test/MMST Score) zu schätzen.

Ergebnisse:

Insgesamt 960 demenzfreie Studienteilnehmer der Erhebungswelle 6 konnten in die Analysen eingeschlossen werden. Das mittlere Alter bei Beobachtungsbeginn betrug M= 86,4 (SD= 3,0) Jahre; 67,8% waren Frauen. Soziale Isolation war prävalent in 32,5% aller Studienteilnehmer. Neben dem unadjustierten Modell zeigte auch das adjustierte Modell einen signifikanten Zwischensubjekteffekt (geringere kognitive Leistungsfähigkeit bei Individuen mit kleinerem sozialen Netzwerk; Koef.: 0,46, 95%KI = 0,27 – 0,66, p < 0,001) und einen signifikanten Innersubjekteffekt (Abnahme im individuellen sozialen Netzwerk war mit Abnahme in der kognitiven Leistungsfähigkeit assoziiert; Koef.: 0,23, 95%KI = 0,10 – 0,37, p < 0,01).

Diskussion:

Hochbetagte mit größerem sozialen Netzwerk zeigten bessere kognitive Leistungsfähigkeit. Verkleinert sich das soziale Netzwerk, geht das mit Einbußen in der kognitiven Leistungsfähigkeit einher. Das unterstreicht die Relevanz eines sozial-aktiven Lebensstils auch bei Hochbetagten und betont die Bedeutsamkeit präventiver Ansätze gegen soziale Isolation im Alter.