Gesundheitswesen 2019; 81(08/09): 757
DOI: 10.1055/s-0039-1694643
Kongresstag 3: 18.09.2019
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Darmkrebsfrüherkennung im Spiegel der GKV-Routinedaten: Fehlversorgung und Überversorgung durch zu frühe Kontroll-Koloskopien

D Horenkamp-Sonntag
1   Techniker Krankenkasse, Hamburg
,
C Skupnik
1   Techniker Krankenkasse, Hamburg
,
J Liebentraut
1   Techniker Krankenkasse, Hamburg
,
S Engel
1   Techniker Krankenkasse, Hamburg
,
H Koop
2   Helios Klinikum Berlin-Buch, ehem. Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Gastroenterologie, Berlin
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Publication History

Publication Date:
23 August 2019 (online)

 

Einleitung:

Durch Vorsorgeuntersuchungen wie die Koloskopie können Darmkrebs-Vorstufen (Polypen) erkannt und direkt entfernt werden. Seit 2002 ist die Früherkennungskoloskopie, auf die 20 Millionen Versicherte Anspruch haben, eine GKV-Leistung.

Untersuchungen legen nahe, dass nach dem Entfernen von Polypen eine wiederholte Inanspruchnahme von Kontroll-Koloskopien stattfindet, die oft über den medizinischen Bedarf hinausgeht.

Methode:

Es wurde untersucht, inwiefern Kontroll-Koloskopien zu früh nach dem Befund der Initial-Koloskopie erfolgen. Datenbasis sind TK-Routinedaten im Zeitraum 2014 – 2018, in der Versicherte mit einer Koloskopie (n = 67.780) und mit mehreren Koloskopien (n = 3.290) selektiert wurden. Alle Koloskopien, die in einem Zeitraum von 6 Monaten nach Initialkoloskopie erfolgt sind, wurden zur Erstkoloskopie dazu gezählt.

Ergebnisse:

Bei 2.747 Versicherten (83,5%) mit einer Kontroll-Koloskopie innerhalb von zwei Jahren nach Erstkoloskopie ließ sich in den Abrechnungsdaten mindestens eine medizinische Indikation zuordnen. Dabei ist der Großteil auf Adenome und Polypen (42,7%) und Polypektomien (21,0%) zurückzuführen. Die anderen Indikationen verteilen sich auf unterschiedlich (kleinere) Krankheitsentitäten: u.a. 3,4% mit Krebsfrüherkennungsleistungen, 5,6% gastro-intestinale Blutung, 4,6% abdominelle Operationen, 2,5% Morbus Chron/Colitis ulcerosa, 3,7% sonstige nichtinfektiöse Gastroenteritiden-Kolitiden, 3,1% Reizdarmsyndrom, 2,0% im Zusammenhang mit Komplikationen (u.a. Peritonitis) und 1,2% Darminfektionen.

Diskussion:

Obwohl wir eine Karenzzeit von 6 Monaten nach Erstkoloskopie berücksichtigt haben, existiert eine relevante Anzahl von Kontroll-Koloskopien, die nach Abgleich mit potentiellen Anwendungsindikationen über den medizinischen Bedarf hinauszugehen scheinen (Überversorgung).

Grundsätzlich kann man mit GKV-Routinedaten sämtliche Ereignisse im Zeitverlauf erfassen, die mit medizinischen Leistungsinanspruchnahmen einhergehen. Die exakte zeitliche Abfolge der erforderlichen klinischen Informationen findet sich jedoch in den Abrechnungsdaten des klinischen Behandlungsfalls zum Teil nur eingeschränkt wieder.