Zusammenfassung
Ziel der Studie: In Deutschland ist nur wenig darüber bekannt, ob sich der Tabakkonsum von Jugendlichen
auf ihr Inanspruchnahmeverhalten von Gesundheitsleistungen auswirkt. Die vorliegende
Studie soll daher Frühfolgen des jugendlichen Rauchens identifizieren.
Methodik: Wir führten eine Re-Analyse von Querschnittsdaten der Basisbefragung (2003–2006)
der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) durch.
Um die Assoziation zwischen aktuellem Rauchstatus und der Inanspruchnahme medizinischer
Leistungen in den 12 Monaten vor der Befragung zu untersuchen, wurden Prävalenzen
ausgewählter Erkrankungen stratifiziert nach Rauchstatus ausgewertet. Daneben wurde
sowohl der Anteil von Jugendlichen mit mindestens einem ambulanten Arztkontakt als
auch die Gesamtzahl der Arztbesuche ermittelt. Für den stationären Bereich wurden
Informationen zu den im Krankenhaus verbrachten Nächten analysiert. Ein logistisches
Regressionsmodell wurde genutzt, um die Assoziation zwischen dem Rauchverhalten und
der Inanspruchnahme ambulanter medizinischer Leistungen adjustiert nach Alter, Geschlecht,
Sozialstatus, Migrationshintergrund und Komorbidität zu bestimmen.
Ergebnisse: 3 679 Jugendliche mit Angaben zum Rauchstatus zwischen 14 und 17 Jahren konnten in
die Studie aufgenommen werden, von denen 49,1% weiblich waren und 31,7% aktuell rauchten.
Die Prävalenz von Blasenentzündungen (+87,0%) und Bronchitis (+50,0%) war bei den
rauchenden Jugendlichen deutlich erhöht. Im hausärztlichen Bereich war die Zahl von
Jugendlichen, die einen Arzt in Anspruch nahmen, bei den Rauchern um 30,8% erhöht.
Im fachärztlichen Bereich wurden erhöhte Kontaktzahlen nur bei Psychiatern (+171,4%)
und Psychologen (+94,4%) gefunden. Im stationären Bereich zeigte sich, dass rauchende
Jugendliche häufiger einen Krankenhausaufenthalt berichteten (+26,5%) und dieser mit
einer längeren Verweildauer verbunden war (+19,7%). Es zeigte sich eine statistisch
signifikante Assoziation zwischen aktuellem Tabakkonsum und einer erhöhten Häufigkeit
der Inanspruchnahme medizinischer Leistungen in den vergangenen 12 Monaten (OR=1,20;
95%-KI: 1,02–1,40).
Schlussfolgerung: Tabakkonsum bei Jugendlichen geht mit einer erhöhten Prävalenz bestimmter Erkrankungen
sowie einer erhöhten Inanspruchnahme medizinischer Leistungen einher. Ob der Tabakkonsum
kausal ist, bleibt fraglich. Die im Rahmen von KiGGS laufende Kohortenstudie wird
weiteren Aufschluss über die Art des Zusammenhangs geben können.
Abstract
Objective: In Germany, there is a lack of information on the correlation between tobacco use
by adolescents and their utilization of medical care. The aim of this article is to
identify possible early consequences of adolescent smoking.
Methods: We conducted a re-analysis of cross-sectional data of the baseline wave (2003–2006)
of the German Health Survey for Children and Adolescents (KiGGS). To examine the association
between current smoking status and utilization of medical care during the 12 months
before the interview, prevalence of selected diseases was calculated, and stratified
by smoking status. Besides, the proportion of adolescents who consulted a physician
at least once and the total number of medical consultations were estimated. For the
inpatient setting, information about the number of nights spent in a hospital was
analyzed. In a multiple logistic regression, the association of smoking behavior with
utilization of outpatient medical care was assessed, further adjusting for sociodemographic
variables and comorbidities.
Results: The study population included 3 679 adolescents aged between 14 and 17 years. 49.1%
were female and 31.7% were current smokers. Among smokers, there was an increased
prevalence of cystitis (+87.0%) and bronchitis (+50.0%). Tobacco users consulted a
general practitioner more frequently than non-smokers (+30.8%). As far as medical
specialists are concerned, there were more consultations with psychiatrists (+171.4%)
and psychologists (+94.4%), but there was no increase in the total number of visits.
Additionally, smoking adolescents were more frequently hospitalized (+26.5%) and the
stays were of longer duration (+19.7%). There was a statistically significant association
between current tobacco use and a greater utilization of medical care (OR=1.20; 95%-CI:
1.02–1.40).
Conclusions: Tobacco use among adolescents was associated with increased prevalence of certain
diseases and a greater utilization of medical care. Nevertheless, whether there is
a causal connection is still debatable. The KiGGS cohort study will provide opportunities
to further clarify the observed association.
Schlüsselwörter
Rauchen - Tabak - Jugendliche - Versorgungsforschung - KiGGS
Key words
smoking - tobacco - adolescents - health services research - KiGGS