Gesundheitswesen 2025; 87(S 01): S61-S62
DOI: 10.1055/s-0045-1802014
Abstracts │ BVÖGD, BZÖG, DGÖG, LGL
02.04.2025
Datengrundlagen der GBE: Aktuelle Entwicklungen
10:30 – 12:00

Anpassung des German Index of Socioeconomic Deprivation auf Gemeindeebene – Das Beispiel Rheinland-Pfalz

P Jaehn
1   Kreisverwaltung Rhein-Pfalz-Kreis, Abteilung Gesundheit und Verbraucherschutz, Ludwigshafen
,
J Bals
1   Kreisverwaltung Rhein-Pfalz-Kreis, Abteilung Gesundheit und Verbraucherschutz, Ludwigshafen
,
N Michalski
2   Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin, Deutschland
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Einleitung: Gesundheitliche Ungleichheit auf räumlicher Ebene kann mit Hilfe der sozioökonomischen Deprivation einer Region abgebildet werden. Zur Operationalisierung hat sich in Deutschland der German Index of Socioeconomic Deprivation (GISD) etabliert, der die Dimensionen Beschäftigung, Einkommen und Bildung berücksichtigt. Für die kommunale Gesundheitsberichterstattung sind Ungleichheiten zwischen Gemeinden von hoher Bedeutung. Die aktuelle Version des GISD kann Unterschiede auf Gemeindeebene jedoch nicht abbilden, da der Index ausschließlich Indikatoren auf Gemeindeverbund- und Kreisebene verwendet. Ziel dieser Arbeit war es zu untersuchen, inwiefern eine Anreicherung des GISD mit Indikatoren auf Gemeindeebene kleinräumige gesundheitliche Ungleichheiten in Rheinland-Pfalz abbilden kann. Dazu wurde eine modifizierte Version des GISD für Gemeinden erstellt und hinsichtlich Klumpung auf Kreisebene und Korrelation mit Sozialindikatoren sowie mit standardisierten Mortalitätsverhältnissen untersucht.

Methodik: Ausgangspunkt bildete der GISD in der Originalversion 2022 v1.1 von Rheinland-Pfalz für das Jahr 2019. Drei der neun Indikatoren des GISD (Arbeitslosigkeit, Beschäftigtenquote und Einkommensteuer) lagen in der INKAR Datenbank für Rheinland-Pfalz auf Gemeindeebene vor und ersetzten die ursprünglichen Werte auf Gemeindeverbundebene. Gebietsstand war der 31.12.2022. Es wurde Shrinkage verwendet, um statistische Fehler zu berücksichtigen. Zur Indexbildung wurde die Scoringmatrix der Originalversion des GISD herangezogen. Um die Klumpung des GISD innerhalb von Landkreisen darzustellen, wurden Intraklassen-Korrelationskoeffizienten (ICC) berechnet. Außerdem wurden bevölkerungsgewichtete Spearman-Korrelationskoeffizienten (rho) des modifizierten GISD mit den Indikatoren Arbeitslosigkeit, Einkommensteuer, Gymnasialquote und Personen in SGB-II Bedarfsgemeinschaften berechnet. Letztlich wurden bevölkerungsgewichtete Spearman-Korrelationen des GISD und der Sozialindikatoren mit standardisierten Mortalitätsverhältnissen (SMR) berechnet. SMRs wurden im Vergleich zur Gesamtbevölkerung von Rheinland-Pfalz für den Zeitraum 2014-2023 gebildet. Es wurden ausschließlich SMRs mit einem relativen Standardfehler unter 15% verwendet (1359 von 2301 Gemeinden).

Ergebnisse: Die Originalversion des GISD zeigte auf Gemeindeebene eine hohe Klumpung innerhalb von Landkreisen (ICC=0.92), welche durch die Modifikation verringert wurde (ICC=0,85). Die Teildimension Beschäftigung wies nach Hinzufügen der Indikatoren Arbeitslosigkeit und Beschäftigtenquote eine moderate Klumpung auf (ICC=0,59). Der modifizierte GISD korrelierte stark mit der Einkommensteuer (rho=-0,75) und moderat mit Arbeitslosigkeit (rho=0,37), Gymnasialquote (rho=-0,34) und Personen in Bedarfsgemeinschaften (rho=0,34). Schließlich korrelierte die modifizierte Version des GISD moderat mit dem SMR (rho=0,41). Die Indikatoren Arbeitslosigkeit (rho=0,24), Gymnasialquote (rho=-0,24) und Personen in Bedarfsgemeinschaften (rho=0,29) korrelierten schwach mit dem SMR, wohingegen die Einkommensteuer eine starke Korrelation aufwies (rho=-0,53).

Diskussion: Durch Hinzuziehen von Indikatoren auf Gemeindeebene erhält der GISD eine höhere kleinräumige Auflösung, um regionale sozioökonomische Deprivation zu messen. Die Ergebnisse bestätigen, dass der GISD eher relative als absolute Armut misst. Ungleichheiten in der Bildungsdimension können auf dieser Ebene jedoch nicht berücksichtigt werden, da die benötigten Daten für Gemeinden nicht verfügbar sind. Für den kommunalen öffentlichen Gesundheitsdienst ergeben sich neben der Datenverfügbarkeit weitere Herausforderungen bei der Operationalisierung der sozioökonomischen Deprivation auf kleinräumiger Ebene, z.B. im Hinblick auf die Validität von Indikatoren und geringe Fallzahlen. Weitere Ansätze sind notwendig, um Ungleichheiten in der Bildungsdimension auf Gemeindeebene im GISD abzubilden.



Publication History

Article published online:
11 March 2025

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