Gesundheitswesen 2025; 87(S 01): S103
DOI: 10.1055/s-0045-1802101
Abstracts │ BVÖGD, BZÖG, DGÖG, LGL
03.04.2025
Highlights für den KJGD
13:30 – 15:00

Analyse der Beratungsbedarfe bei der Schulaufnahmeuntersuchung – lohnt der Aufwand?

Authors

  • M Glienke

    1   Stadt Leipzig, Gesundheitsamt, Leipzig
  • T Hentschel

    1   Stadt Leipzig, Gesundheitsamt, Leipzig
  • C Korebrits

    1   Stadt Leipzig, Gesundheitsamt, Leipzig
 

Hintergrund: Subjektiv betrachtet, scheint der Beratungsbedarf bei der Schulaufnahmeuntersuchung (SCHAU) sehr hoch insbesondere in sozial benachteiligten Gebieten. Der tatsächliche Aufwand der Beratungsbedarfe ist jedoch bisher noch nicht ermittelt worden. Die Ermittlung des Beratungsbedarfs und die damit geleistete Arbeit des Personals in den Gesundheitsämtern wird jedoch zunehmend wichtiger, da durch den Fortschritt im Bereich Digitalisierung auch zunehmend personelle Einsparungen im Kinder- und Jugendärztlichen Dienst vorgesehen sind.

Daraus resultiert die Fragestellung, wie hoch der tatsächliche Beratungsbedarf bei Leipziger Einschülerinnen und Einschülern ist. Zudem soll untersucht werden, ob es gebietsbezogene Unterschiede gibt oder Veränderungen in den letzten Jahren zu beobachten waren.

Umsetzung: Die Datengrundlage bilden die SCHAU der Einschulungsjahrgänge 2019-2024 in der Stadt Leipzig, wobei jeweils eine Vollerhebung vorhanden ist. Dabei wurden alle Items einbezogen, welche in der Untersuchung erhoben wurden und außerdem eine spezifische Auswertung ausgewählter Befunde (z.B. SOPESS-Test Items) vorgenommen. Aus den Befundergebnissen wurden Sommenscores bei gebildet, wenn Auffälligkeiten vorlagen, welche mit einem Beratungsbedarf verbunden sind. Im Anschluss wurden Analysen nach Vorliegen einer Auffälligkeit (binär) und der Anzahl an Beratungsbedarfen vorgenommen. Für den Beratungsbedarf wurden zusätzlich Kategorien gebildet, die einen Vergleich von Ortsteilen erleichtern.

Ergebnisse: In der Stadt Leipzig zeigt sich, dass unter Einbezug aller Untersuchungsergebnisse nur ca. zwei Prozent der Kinder völlig ohne Beratung die SCHAU verlassen. Dabei zeigen sich im Vergleich zu Untersuchungen von 2018/19 keine signifikanten Verschlechterungen, wie es vielleicht durch die Pandemie zu erwarten war. Der durchschnittliche Beratungsbedarf liegt bei 3,3 Beratungen pro Kind. Dabei gibt es deutliche Unterschiede in Bezug auf den Wohnort des Kindes. Kinder, welche in sozial benachteiligten Stadtteilen wohnen, haben deutlich höhere Chancen für Auffälligkeiten und einen erhöhten Beratungsbedarf. Auffällig sind auch geschlechtsspezifische Unterschiede.

Diskussion: Die Ergebnisse unterstreichen die Wichtigkeit der SCHAU und bilden eine wichtige Grundlage für die Personalplanung und Ressourcensteuerung im Amt. Es zeigt sich, dass die fortschreitende Digitalisierung (noch) keine Personaleinsparungen rechtfertigt. Die Untersuchungs- und Beratungszeit muss speziell auf Zielgruppen angepasst sein, sodass bedarfsgerecht gesteuert werden kann. Dabei müssen besonders regionale Unterschiede ernst genommen und Ressourcen entsprechend gelenkt lenken werden (z. B. Untersuchungszeit, Priorisierung Untersuchungsgebiete). Außerdem sollte für eine geschlechtsspezifische Beratung im Kollegium sensibilisiert und objektive Untersuchungsergebnisse angestrebt werden. Limitierungen bestehen bei der Auswahl der Items aufgrund der Objektivität der Untersuchungsergebnisse und möglicher Verzerrungen aufgrund nicht vorgelegter Untersuchungsnachweise (Impfungen, Vorsorge) sowie der ungewohnten Untersuchungssituation für Kinder allgemein.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
11. März 2025

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