Gesundheitsökonomie & Qualitätsmanagement 2019; 24(05): 215
DOI: 10.1055/a-0979-9151
Herausgeberkommentar
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Mehr Qualität in der Krankenhausversorgung

More quality in hospital care
Christoph Straub
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Publication Date:
06 November 2019 (online)

Die stationäre Versorgung in Deutschland ist immer noch eine Großbaustelle. Seit Jahren, oder besser Jahrzehnten, gibt es seitens der Bundespolitik Bestrebungen, die Qualität der Versorgung deutlich zu verbessern. Der Erfolg ist jedoch überschaubar. Fakt ist, bis heute werden die Instrumente zur Sicherstellung der Versorgungsqualität durch die Bundesländer und die Krankenhäuser unterlaufen. Dabei ist bekannt, wo die Probleme liegen und was zu tun ist. Die sinnvollsten Qualitätsvorgaben wirken nicht, wenn sie nicht stringent formuliert sind und nicht konsequent sowie verbindlich umgesetzt werden.

Ein Beispiel dafür sind die Mindestmengen. Die entsprechenden Regelungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) für planbare Operationen sollen gewährleisten, dass bestimmte Eingriffe nur dort stattfinden, wo personelle und strukturelle Voraussetzungen gegeben sind und das Operationsteam ausreichend Erfahrungen hat. Doch immer noch verfehlen zahlreiche Krankenhäuser die Mindestmengen deutlich. Hier ist der Gesetzgeber aufgefordert, den gesetzlichen Rahmen so anzupassen, dass Abweichungen nicht mehr möglich sind. Dass komplizierte Operationen dort durchgeführt werden, wo die Routine fehlt, darf schlichtweg nicht passieren. Schließlich gefährdet mangelnde Erfahrung die Sicherheit der Patientinnen und Patienten. Abhilfe könnte zum Beispiel geschaffen werden, indem die Landesplanungsbehörden keine Ausnahmen von Qualitätsvorgaben des G-BA mehr zulassen dürften. Solche Ausnahmen bedeuten, dass die Qualitätsvorgaben ausgesetzt werden, um eine flächendeckende Versorgung zu ermöglichen. Dies ist empirisch aber nicht zu rechtfertigen. Die gesetzliche Grundlage dafür muss dringend überarbeitet werden.

Mehr Konsequenz und Verbindlichkeit bei den Mindestmengen sind nur der erste Schritt hin zu mehr Qualität. Genauso wichtig ist es, die Mindestmengenregelungen weiterzuentwickeln, sie für neue Indikationen festzulegen und mit Qualitätsanforderungen an die Indikationsstellung zu verknüpfen. Bislang sieht der Katalog acht Leistungen vor. Das muss deutlich mehr werden. Es befinden sich zwar weitere Mindestmengen im G-BA-Verfahren, dazu zählen die Behandlung von Bronchialkarzinomen und Herztransplantationen. Wir plädieren aber dafür, weitere Leistungen einzubeziehen. Der minimalinvasive Herzklappenersatz (TAVI), Eingriffe bei Bauchaortenaneurysma und Adipositaschirurgie sind Beispiele dafür.

Bei vielen Leistungen konnte die BARMER belegen, dass eine Behandlung in Zentren entscheidend die Qualität verbessert. Für eine raschere Bündelung von Leistungen in qualifizierten Zentren ist die Position der BARMER, dass Krankenkassen künftig mehr Mitspracherecht bei der Krankenhausplanung bekommen. So könnten sie eine nachhaltige und an Qualitätskriterien orientierte Planung fördern. Dafür sollte die bisherige Kapazitätsplanung durch eine Leistungsplanung ersetzt werden. Statt in Arztsitzen und Krankenhausbetten zu rechnen, sollte künftig orientiert an bundesweiten empirischen Daten der tatsächliche medizinische Bedarf geschätzt werden.

Es gibt bereits die richtigen Instrumente, ebenso gibt es viele Ideen für sinnvolle Weiterentwicklungen. Jetzt fehlt lediglich ein wichtiger Punkt: das konsequente Handeln!

Prof. Dr. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der BARMER