Aktuelle Ernährungsmedizin 2020; 45(04): 292-305
DOI: 10.1055/a-1155-8689
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Ernährungstherapie des Intensivpatienten

Nutrition Support Therapy in Critically Ill Patients
Alexander Koch
,
Lukas Bündgens
,
Frank Tacke

Subject Editor: Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag ist Prof. Dr. med. Alexander Koch, MHBA, Aachen.
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Publication Date:
18 August 2020 (online)

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Die Ernährungstherapie ist ein elementarer Bestandteil der intensivmedizinischen Behandlung. Therapeutische Ziele sind die enterale oder parenterale Bereitstellung von Kalorien, Eiweiß, Elektrolyten, Vitaminen und Spurenelementen.

Abstract

Nutritional therapy is an elemental component of intensive care treatment. Therapeutic goals are the enteral or parenteral provision of calories, protein, electrolytes, vitamins and trace elements. Pathophysiologically, metabolism in critical illness is characterized by a catabolic stress status. This results from an underlying systemic inflammatory response and is associated with increased rate of infections, multiple organ failure and unfavourable outcome. In this article, the principles and strategies of nutrition support therapy in critically ill patients are presented, based on current guidelines.

Kernaussagen
  • Aus ernährungsmedizinischer Sicht wird eine kritische Erkrankung in unterschiedliche Phasen mit spezifischen ernährungstherapeutischen Anforderungen unterteilt (Akutphase, Postakutphase, chronische Phase).

  • In der klinischen Praxis wird für nicht adipöse Patienten der Energiebedarf in der Akutphase mit 24 kcal/kgKG/d und der Proteinbedarf mit 1,0 g kgKG/d bezogen auf das aktuelle Körpergewicht kalkuliert.

  • In der frühen Akutphase soll die Ernährungszufuhr 75 % des kalkulierten Energie- und Proteinbedarfs betragen.

  • Eine hyperkalorische Ernährung ist in der Akutphase aufgrund der schlechteren Prognose zu vermeiden.

  • Eine Ernährungstherapie sollte innerhalb von 24 h nach Aufnahme auf die Intensivstation in Form einer enteralen Ernährung begonnen werden.

  • Ist eine enterale Ernährung nicht möglich, so ist die parenterale Ernährung eine gleichwertige Alternative.

  • Kontraindikationen für eine enterale Ernährung sind Kreislaufinstabilität (nicht adäquat ausgeglichener Volumenstatus und/oder hochdosierte Katecholamintherapie) und schwere Darmfunktionsstörungen.

  • In der Postakutphase, in der anabole Stoffwechselprozesse überwiegen, kann ein höherer Energie- und Proteinbedarf zugrunde gelegt werden: Kalorienziel bis zu 36 kcal/kgKG/d, Proteinzufuhr bis zu 1,6 g/kgKG/d.