Klin Monbl Augenheilkd 2020; 237(09): 1045-1059
DOI: 10.1055/a-1178-5031
Übersicht

Zusammenhangsgutachten bei Verletzungen der Netzhaut – Aufgaben des augenärztlichen Sachverständigen

Article in several languages: English | deutsch
Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde, Universitätsmedizin Greifswald
,
Andreas Stahl
Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde, Universitätsmedizin Greifswald
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Zusammenfassung

Die augenärztliche Begutachtung von Ursachenzusammenhängen unterliegt in Abhängigkeit vom Rechtsgebiet (Sozialrecht in der gesetzlichen Unfallversicherung [GUV], Zivilrecht in der privaten Unfallversicherung [PUV]) formalen Vorgaben, ohne deren Einhaltung die juristische Entscheidungsfindung nicht gelingen kann. Nach Feststellung aller objektiven und subjektiven Befunde des Individualfalls mit vollständiger Erfassung des medizinischen Sachverhaltes hat der Augenarzt die Aufgabe, eine zusammenfassende Beurteilung der vorliegenden Ursache-Wirkungs-Beziehung vorzunehmen. In Bezug auf die Unterscheidung zwischen unfallbedingter Netzhautschädigung oder nicht unfallbedingter Netzhauterkrankung ist es dafür erforderlich, die natürliche Kausalität nach dem medizinischen Erfahrungsstand anhand der Kriterien Assoziationsstärke, Konsistenz, Spezifität, zeitlicher Abfolge, Dosisabhängigkeit, Übereinstimmung mit Vorbefunden, experimentelle Reliabilität und Analogbetrachtung abzuwägen. Sämtliche Aufzeichnungen medizinischer Befunde aus der Krankenvorgeschichte und die individuelle Schilderung des Unfallgeschehens müssen in die gutachtliche Betrachtung einfließen. Bei mehreren konkurrierenden Ursachen (oftmals Unfallereignis und vorbestehende Schadensanlage) sind in der GUV (Sozialrecht) jeweils die Verursachungsbeiträge mit grob geschätzten Wahrscheinlichkeiten darzulegen. Im Zivilrecht, gültig für die PUV, muss unbedingt das Vorliegen einer Partialkausalität (ca. 25, 50, 75%) geprüft werden.



Publication History

Received: 28 April 2020

Accepted: 13 August 2020

Article published online:
23 September 2020

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