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DOI: 10.1055/a-2674-1729
Relevanz der digitalen Gesundheitskompetenz (dGK) für Versorgungsforschung und -praxis – Teil II
Relevance of eHealth Literacy (eHL) for health services research and practice – Part IIAuthors
- Zusammenfassung
- Abstract
- Einleitung
- Status der dGK in Deutschland
- dGK in Forschung und Praxis
- Interventionen zur Steigerung der dGK
- Implementierung wirksamer Interventionen zur Steigerung der dGK
- Literatur
Zusammenfassung
Nicht alle Personen oder Bevölkerungsgruppen können aufgrund unterschiedlicher Ausprägungen ihrer (d)GK und sozioökonomischen Bedingungen gleichmäßig am digitalen Wandel teilhaben. Dieser Unterschied ist als „digital divide“, digitale Kluft, bekannt. Ausprägungen eines niedrigen sozioökonomischen Status und ein höheres Lebensalter scheinen mit geringerer dGK assoziiert zu sein. Im Sinne der Verringerung gesundheitlicher Ungleichheit ist die gezielte Förderung der dGK bei benachteiligten Gruppen anzustreben. Dieser Beitrag der Mitglieder der AG Digital Health des Deutschen Netzwerks Versorgungsforschung e.V. (DNVF) fokussiert daher die Bedeutung von digitaler Gesundheitskompetenz (dGK) für die Versorgungsforschung und -praxis in Deutschland mit Schwerpunkt auf Maßnahmen zur Steigerung der dGK. Basierend auf der in der ersten Publikation (Relevanz der digitalen Gesundheitskompetenz (dGK) für Versorgungsforschung und -praxis - Teil I) erarbeiteten theoriebasierten Definition der dGK, werden der aktuelle Stand der dGK in Deutschland sowie Auswirkungen einer geringen dGK fokussiert. Orientiert an der Delphi-Studie der AG Digital Health des DNVF und an den Vorgaben des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen und in der Pflege wird der Digital Divide adressiert und thematisiert. Es werden konkrete Vorschläge zur Steigerung der dGK gemacht. Der Fokus liegt auf theoriegeleiteten und gemeinsam mit Nutzer*innen entwickelten Interventionen zur Steigerung der dGK, wobei auch deren Evaluation und Implementierung adressiert werden.
Abstract
Not all individuals or population groups can participate equally in digital transformation due to varying levels of (e)HL and their socioeconomic conditions. This disparity is known as the “digital divide.” A lower socioeconomic status and older age appear to be associated with lower eHL. In the interest of reducing health inequalities, targeted efforts to promote dGK among disadvantaged groups should be pursued. This paper by the members of the working group Digital Health of the German Network for Health Services Research (Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e.V. (DNVF)) therefore addresses the importance of eHealth Literacy (eHL) for health services research and practice in Germany, with an emphasis on measures to enhance eHL. Building on a theory-based definition of eHL established in the first publication (Relevance of eHealth Literacy (eHL) for health services research and practice – Part I), the current state of eHL in Germany and the effects of low eHL are examined. Guided by the Delphi study conducted by the DNVF working group Digital Health and the guidelines of the German Advisory Council on Health and Care (Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen und in der Pflege (SVR)), the digital divide is addressed and analyzed. Specific proposals for enhancing eHL are presented, with a focus on theory-driven interventions co-developed with users. Evaluation and implementation aspects of such interventions are also considered.
Schlüsselwörter
Digitale Gesundheitskompetenz - Gesundheitskompetenz - Gesundheitsinformationen - digitale Gesundheit - Versorgungsforschung - Digital divideKeywords
Digital health literacy - eHealth Literacy - Health literacy - Health information - Digital health - Digital divideEinleitung
Im ersten Teil des Diskussionsartikels hat die Autor*innengruppe bestehende Ansätze zur Konzeptualisierung von Gesundheitskompetenz (GK) und digitaler GK (dGK) aufgearbeitet. Basierend auf der strukturell-individualistischen Handlungstheorie und bestehenden, allerdings lückenhaften Definitionen wurde eine mehrdimensionale Arbeitsdefinition der dGK hergeleitet, die sich in großen Teilen mit dem eHealth Literacy Framework [1] deckt. Zudem wurde die Operationalisierung von dGK betrachtet.
Der vorliegende zweite Teil gibt einen Überblick über die Ausprägungen der dGK in der deutschen Bevölkerung. Aufgrund der geringen Ausprägung von dGK in der Bevölkerung bei gleichzeitig hoher Notwendigkeit dieser Metakompetenz befasst sich der Artikel darüber hinaus mit den Bedingungen für eine Steigerung von dGK in Deutschland sowie den Auswirkungen einer niedrig ausgeprägten dGK. Ziel des Beitrags ist die Erarbeitung von konkreten Vorschlägen zur Steigerung der dGK. Die Vorschläge wurden in einem offenen und konsensuellen Diskussionsprozess in einer interdisziplinären Autor*innengruppe erarbeitet und mit selektiven Literaturrecherchen gestützt.
Status der dGK in Deutschland
Der Health Literacy Survey Germany (HLS-GER) gilt als eine der größten repräsentativen Befragungen zum Thema GK in Deutschland, wobei ein Teil der Befragung auch auf die Selbsteinschätzung der dGK abzielt. Die Erhebungen erfolgten 2014 (HLS-GER 1), 2020 (HLS-GER 2) und aktuell (HLS-GER-3). Hierbei zeigt sich, dass drei Viertel der Befragten ihre dGK als sehr niedrig ausgeprägt einschätzten. Die Teilnehmenden beschrieben besonders die Bewertung von Vertrauenswürdigkeit und Neutralität digitaler Gesundheitsinformationen als schwierig [2]. Das Vertrauen in die Nutzung von Online-Informationen sank sogar zwischen 2020 und 2022 [3].
Die bisher verfügbaren Daten aus Deutschland zeigen, dass vulnerable Gruppen, wie etwa Personen mit Migrationshintergrund oder ältere Personen, tendenziell eine geringere digitale Gesundheitskompetenz aufweisen, als Personen ohne Migrationshintergrund oder jüngere Menschen [2] [4]. Der eigene Gesundheitszustand, eine zufriedenstellende ökonomische Situation sowie ein höheres Bildungsniveau weisen positive Zusammenhänge zum Ausprägungsgrad der dGK auf [2] [4].
Personen, die ihren Gesundheitszustand gemäß dem Digital Health Literacy Instrument (DHLI vgl. Teil I) als „gut“ einschätzen, zeigten in einer Studie von Zeeb et al. höhere dGK-Werte als solche mit niedrig eingeschätzter Gesundheit [5]. Ergänzend ist festzuhalten, dass ein jüngeres Alter, eine generelle App-Nutzung, eine positive Einschätzung des Nutzens medizinischer Apps und ein Internetznutzung zur Beschaffung von Gesundheitsinformationen mit einer höheren dGK korrelieren [6].
Insgesamt zeigt sich anhand der Ergebnisse bisheriger Studien ein enger Zusammenhang zwischen sozialer Ungleichheit und dem Digital Divide auch im Sinne eines ungleichen Zugangs zu digitalen Gesundheitsangeboten. [7].
Der dGK in Deutschland wird zwar eine hohe Bedeutung im Kontext der digitalen Transformation im Gesundheitswesen zugesprochen, jedoch fokussieren vorliegende Studien vor allem das Thema der dGK in der Allgemeinbevölkerung [8]. Nur wenige Studien adressieren die dGK spezifischer (vulnerabler) Bevölkerungsgruppen, etwa von Patient*innen mit chronischen Erkrankungen (wie z. B. Krebs [9]) oder von Migrant*innen [10]. Die Vergleichbarkeit der Ergebnisse ist zudem durch die Nutzung unterschiedlicher Messinstrumente in Deutschland erschwert, während gleichzeitig zielgruppenspezifische und auch mehrdimensionale Messinstrumente fehlen (vgl. Teil I).
dGK in Forschung und Praxis
Die dGK ist ein zentraler Faktor sowohl für die gesundheitliche Chancengleichheit als auch für die wissenschaftliche Evaluation digitaler Gesundheitsangebote. Während ein niedriger Kompetenzstand bestehende gesundheitliche Ungleichheiten im Sinne des Digital Divide verstärkt, beeinflusst er zugleich die Qualität und Aussagekraft von Studien, die digitale Gesundheitsangebote bewerten. Eine differenzierte Betrachtung der dGK ist daher essenziell, um sowohl gesellschaftliche als auch wissenschaftliche Verzerrungen zu vermeiden.
Digital Divide
Der „Digital Divide“ bezeichnet die ungleiche Teilhabe am digitalen Wandel: Personengruppen mit einem geringeren sozioökonomischen Status (z. B. geringere Bildung, niedrigeres Einkommen) und einem höheren Alter) profitieren vergleichsweise weniger von digitalen Versorgungsformen [7].
Der Digital Divide teilt sich auf in: (1) Primärer Digital Divide (Access Divide): Unterschiede in der Verfügbarkeit von digitalen Technologien und im Internetzugang; (2) Sekundärer Digital Divide (Usage-Divide): unterschiedlichen Fähigkeiten und Kenntnisse, um digitale Technologien sinnvoll zu nutzen sowie; (3) Tertiärer Digital Divide (Outcome Divide): Unterschiede in der tatsächlichen Nutzung und daraus resultierenden Vorteilen für verbesserte (gesundheitliche, teilhabeorientierte) Ergebnisse [7] [11].
Der primäre Digital Divide wirkt sich indirekt auf die dGK aus, da ein fehlender Zugang den Aufbau von dGK verhindert. Falls Zugang besteht, bedeutet dies jedoch nicht automatisch, dass auch dGK besteht. Der sekundäre und tertiäre Digital Divide hingegen haben einen direkten Einfluss auf dGK und werden daher im weiteren näher betrachtet. In [Tab. 1] wird zusätzlich aufgezeigt, wie diese Auswirkungen durch Bildungs- und Unterstützungsangebote mit dem Ziel der Steigerung der dGK verändert werden können.
Auswirkungen auf Inanspruchnahme von Gesundheitsversorgung (sekundärer Digital Divide) |
Auswirkungen auf gesundheitsrelevante u. teilhabeorientierte Outcomes (tertiärer Digital Divide) |
|
---|---|---|
Niedrige dGK |
|
|
Höhere dGK |
|
Ein Teil der genannten Studien untersucht nur einzelne Kompetenzbereiche der dGK. Dies erschwert eine umfassende Betrachtung der mehrdimensionalen dGK und ihrer Effekte auf die verschiedenen Bereiche der digitalen Spaltung bei den Nutzenden mit unterschiedlicher dGK (siehe Teil I gemäß eHLQ).
Verschiedene Autor*innengruppen verweisen darauf, dass die gegenwärtige Evidenzbasis noch nicht ausreichend sei, um einen Zusammenhang zwischen geminderter dGK und negativen Versorgungsoutcomes eindeutig zu belegen [19]. Es braucht daher Studien, in denen die dGK der Teilnehmenden bei Einschluss erhoben wird. Zusätzlich sollten nach Nutzung digitaler bzw. digital unterstützter Versorgungslösungen die Effekte anhand von Core Outcome Sets untersucht werden, die auch dGK beinhalten (vgl. Abschnitt 4).
Bedeutung der dGK für die Evaluation und das Reporting
Studien zur Wirksamkeit digitaler oder digital gestützter sowie hybrider Interventionen (dI) berücksichtigen dGK häufig noch nicht [20] oder analysieren sie eher als Endpunkt, statt sie zur Auswahl oder Stratifizierung der Studienteilnehmer*innen zu nutzen [21]. Es bedarf jedoch Untersuchungen , die nicht nur prüfen, ob eine dI wirksam ist, sondern ebenso kontrollieren, ob sich der Interventionseffekt entsprechend der zu Beginn bestehenden dGK relevant bei verschiedenen Personengruppen unterscheidet [22] [23]. So können Erkenntnisse entstehen, ob Fortschritte in der Digitalisierung die verschiedenen Formen des Digital Divide für spezifische Gruppen positiv oder negativ beeinflussen [22]. Zudem wäre ableitbar, ob dI für bestimmte Teilpopulationen anzupassen sind (Tailoring) oder es nur einer ausführlichen Nutzungsanleitung zu Beginn der Intervention bedarf.
Mit Blick auf die in Teil I hergeleitete Arbeitsdefinition von dGK und der in [Tab. 1] ausgeführten Auswirkungen der dGK auf den Digital Divide ergeben sich für die Evaluation und das Reporting digitaler und digital unterstützter Versorgungslösungen folgende Weiterentwicklungsmöglichkeiten:
-
größere Diversität von Studienpopulationen, insbesondere in unterrepräsentierten Gruppen
-
adäquate Ein- und Ausschlusskriterien inklusive der dGK und/oder ihrer Einflussfaktoren
-
Messung der dGK zu Baseline und zum Follow-up
-
leicht verständliche (oder auch multimedial unterstützte [24]) Studienaufklärung/-informationen sowie zugehörige Einwilligungserklärungen (z. B. andere Sprachen oder in „leichter Sprache“)
-
Entwicklung neuer oder Erweiterung bestehender Core Outcome Sets (COS) [25] zur Evaluation digitaler Anwendungen im Gesundheitswesen
-
Nachbefragungen von Dropouts, Subgruppen mit gesteigerter (oder auch verminderter) Wirksamkeit oder von Personen mit niedriger dGK durch Mixed-Methods-Studien [26]
-
Erweiterung des bestehenden CONSORT-eHealth [27] um Reporting von dGK und
-
verbindliche Erhebung und Berichtslegung der dGK in der Studienpopulation, von der Studienregistrierung (DRKS; clinical trials.gov) bis zur Veröffentlichung [12].
Interventionen zur Steigerung der dGK
Bisherige Interventionen zur Steigerung der dGK fokussieren vor allem die Dimension des Auffindens und Verstehens von Gesundheitsinformationen im Internet auf individueller Ebene [28]. Dies ist unzureichend, da digitale Anwendungen häufig sowohl auf individueller als auch auf Interaktions-Ebene zwischen Patient*innen, Zugehörigen und Versorger*innen für das Selbstmanagement chronischer Erkrankungen eingesetzt werden [29]. Die wechselseitige Beziehung zwischen Selbstmanagement und Empowerment der Patient*innen im Umgang mit ihrer Krankheit und Interaktionen mit Versorger*innen sind dringend einzubeziehen [30]. Hieraus resultiert die Notwendigkeit, Versorger*innen und Patient*innen in Maßnahmen zur Steigerung der dGK gleichermaßen einzubeziehen und eine Balance zwischen verschiedenen Stakeholdern sicherzustellen. Grundsätzlich ist die Theoriebasierung unumgänglich zur Sicherstellung wirksamer Maßnahmen (vgl. auch Teil I). Die Ausgestaltung muss die verschiedenen Kompetenzen, die die dGK umfassen, berücksichtigen, um die Metakompetenz der dGK verbessern zu können. Die folgende Abbildung beschreibt die Schwerpunkte bei der Entwicklung von Maßnahmen zur Steigerung der dGK auf der individuellen und Interaktions-Ebene ([Abb. 1]) und zeigt die möglichen Auswirkungen der Steigerung auf.


Implementierung wirksamer Interventionen zur Steigerung der dGK
Die dI zur Steigerung der dGK sind als komplexe Interventionen anzusehen, wobei Implementierungsprozesse von vielfältigen Einflussfaktoren sowie vom konsentierten Handeln der beteiligten Stakeholder abhängig sind. Es bedarf multiperspektivischer formativer Evaluationen im Rahmen eines iterativen Implementierungsprozesses [31], während die Messung der Wirksamkeit summativer Evaluation bedarf (s. Kapitel 4).
Entscheidend für zukünftige Vorhaben sind daher zielgruppenspezifische Studien für Folgendes:
-
Überprüfung, ob in Wirksamkeitsstudien nachgewiesene positive Effekte zur Steigerung von dGK für verschiedene Zielgruppen auch in der Versorgungsrealität nachweisbar sind
-
Untersuchung, ob die in Verstetigungs-Manualen[1] positiv evaluierter digitaler Interventionen benannten Ziele auf die Steigerung der dGK bei verschiedenen Zielgruppen wirken
-
Erhebung der dGK verschiedener Nutzer*innengruppen und ihre Wirkung auf relevante Outcomes in Surveys zum wahrgenommenen Mehrwert und der Adhärenz bei der Nutzung von dI
-
Untersuchung der wahrgenommenen Sicherheit der Studienteilnehmenden, um bestehende Wechselwirkungen zwischen wahrgenommener veränderter Gesundheitsversorgung, digitalen Versorgungslösungen, dGK und Sicherheitsbedürfnis zu berücksichtigen [32] und damit verbundene individuelle Überzeugungen sowie das individuelle Nutzungsverhalten und die Implementierung auf Mikro-, Meso- und Makroebene zu untersuchen
-
Formative Evaluationen zur Untersuchung der Akzeptanz und strukturellen Implementierung von dI, um aktuelle Forschungsergebnisse und evidenzbasierte Praktiken in der Versorgung zu verbinden und interdisziplinär zu bearbeitende Forschungsfragen aus der Versorgungspraxis zu erfassen [32] [33].
Im Folgenden wird anhand des Input-Throughput-Output-Outcome-Modells der Versorgungsforschung die dGK mit ihren Einflüssen integriert und in [Abb. 2] dargestellt. Die dGK kann sich auf alle Dimensionen des Modells auswirken. Denkbar ist beispielsweise, dass eine Steigerung der dGK auf individueller Ebene zu einer größeren Selbstbehandlungskompetenz und damit zu einer geringeren Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen führt. Dies beeinflusst wiederum gesundheitliche Outcomes und verändert in Rückkopplung die Bedarfe und Bedürfnisse der Patient*innen bei Inanspruchnahme medizinischer Leistungen. Hierdurch können sich kontinuierlich verändernde dynamische Beziehungen und Wirkungen zwischen den Dimensionen des Modells entwickeln.


Implementierungsprozesse von positiv evaluierten dI zur Steigerung der dGK bedürfen einschlägiger regulatorischer Grundlagen in den Sozialgesetzbüchern [34]. Ferner sind für Prozessevaluationen der Implementierung wirksamer, digital gestützter Versorgungslösungen Datenschutz, sowie Daten- und IT-Sicherheit inklusive gültiger Standards zu berücksichtigen und bereits bei den Finanzierungskalkulationen von (Forschungs-) Projekten zu bedenken.
Aktuelle Studien zum Zehnjahresvergleich zur GK einschließlich Fragen zur dGK unterstreichen die Notwendigkeit der Stärkung der dGK, da nur auf diese Weise sichergestellt werden kann, dass alle Bürger*innen von den positiven Effekten der elektronischen Patientenakte, digitaler Gesundheitsangebote und -anwendungen sowie medizinischer digitaler Interventionen profitieren können [35]. Im vorliegenden zweiten Teil des Diskussionsbeitrags wurde der Stand der dGK in Deutschland, ihre Bedeutung für die Evaluation, die Auswirkungen einer niedrigen dGK sowie Maßnahmen zur Steigerung der dGK und Implementierungsherausforderungen diskutiert.
Die Autor*innen betonen, dass die dGK potentieller Nutzer*innen und relevante Einflussfaktoren in Studien berücksichtigt werden sollten, um den Digital Divide gezielt zu adressieren. Hierzu ist eine enge Zusammenarbeit aller Akteur*innen notwendig, um die dGK in vulnerablen Gruppen zu steigern und den Digital Divide zu verringern (vgl. Forderungen SVR in [36]). Auch Versorger*innen müssen in Bezug auf ihre eigene dGK sowie die ihrer Patient*innen weitergebildet werden.
Um die Evidenzbasis für dI zu erweitern, sind methodisch rigorose Studien erforderlich, die die Wirksamkeit dieser in Abhängigkeit von der dGK und sozialen Determinanten untersuchen. Es wird empfohlen, größere Studien mit einem Fokus auf vulnerable Gruppen durchzuführen, um die Wechselwirkungen zwischen dGK und Sicherheitsgefühl auf das Nutzungsverhalten zu erfassen. Zudem sollte eine umfassende Implementierungsforschung klären, ob dI den Digital Divide reduzieren und gleichzeitig Datenschutz und Vertrauen in digitale Gesundheitslösungen sicherstellen.
Interessenkonflikt
Unabhängig von diesem Manuskript hat LH von der Volkswagen Stiftung finanzielle Unterstützung für die Teilnahme an einem Scoping-Workshop zu Organisationsbezogener Versorgungsforschung sowie vom Thieme Verlag für die Teilnahme an einer Podiumsdiskussion zum Einsatz digitaler Anwendungen in der Ergotherapie erhalten.
1 In sog. Verstetigungs-Manualen werden mehrdimensionale Anforderungen für die Implementierung einer innovativen Intervention mit wissenschaftlich geführtem Wirksamkeitsnachweis für definierte Zielgruppen beschrieben. Diese Anforderungen betreffen sozialrechtliche, organisationsbezogene und organisations-übergreifende, versorgungsstrukturelle sowie vergütungsbezogene Ausgestaltungen. Ferner beziehen sie sich auf Merkmale der Struktur- und Prozessqualität der innovativen Intervention, um diese konzeptgetreu in der Regelversorgung umzusetzen und die Versorgungseffekte basierend auf vorab definierten Outcomes zu monitoren.
-
Literatur
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Korrespondenzadresse
Publikationsverlauf
Eingereicht: 07. April 2025
Angenommen: 12. Juni 2025
Artikel online veröffentlicht:
29. September 2025
© 2025. The Author(s). This is an open access article published by Thieme under the terms of the Creative Commons Attribution-NonDerivative-NonCommercial-License, permitting copying and reproduction so long as the original work is given appropriate credit. Contents may not be used for commercial purposes, or adapted, remixed, transformed or built upon. (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/).
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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