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DOI: 10.1055/s-0028-1109209
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Invasives Porokarzinom als monströser Tumor des Unterlids
Invasive Porocarcinoma as Monstreous Tumor of the Lower EyelidPublication History
Eingegangen: 24.7.2008
Angenommen: 27.1.2009
Publication Date:
08 June 2009 (online)

Kasuistik
Der 70-jährige männliche Patient wurde in unserer okuloplastischen Sprechstunde im Juni 2006 vorgestellt. Der Patient zeigte einen Unterlidtumor links, der sich über 10 Jahre entwickelt hatte ([Abb. 1] a). Aufgrund der deutlichen kosmetischen Auffälligkeit trug der Patient permanent eine Sonnenbrille, die außerdem den ein mechanisches Ektropium provozierenden Tumor mechanisch stützte ([Abb. 1] a).
Abb. 1 a Linkes Auge eines 70-jährigen männlichen Patienten mit Unterlidtumor bei der Erstvorstellung. Das Gewicht des Tumors provoziert ein ausgeprägtes mechanisches Ektropium. b Gleicher Patient 5 Wochen nach Lidrekonstruktion durch Hughes-Plastik und 1 Woche nach Wiedereröffnung der Lidspalte.
Die sonstige Augenanamnese des Patienten war unauffällig mit gutem Visus auf beiden Seiten, die erste Brille hatte der Patient mit 40 Jahren erhalten.
Die Aufnahmeuntersuchung ergab folgende Befunde: Der Visus betrug rechts 0,7, links 0,6, die Tensio lag beidseits bei 14 mmHg. Der Vorderabschnitt R war normal bis auf eine Cataracta incipiens, der Vorderabschnittsbefund links zeigte einen Golfball-großen Tumor am Unterlid mit krustiger Oberfläche und adhärentem weißem flauschigem Material ([Abb. 1] a). Es bestanden ein ausgeprägtes mechanisches Ektropium sowie eine konjunktivale Injektion, das Auge war intraokular unauffällig bis auf eine Cataracta incipiens.
Folgende Therapie wurde eingeleitet: Der Tumor wurde mit einem Sicherheitsabstand von 5 mm reseziert. Zwei zusätzliche Resektate entlang der ersten Schnittkante wurden aus der hinteren und vorderen Lamelle des Unterlids entnommen. Nach Bestätigung der Resektion in sano durch histologische Untersuchung wurde der Unterliddefekt durch einen tarsokonjunktivalen Lappen nach Hughes rekonstruiert. Der Ersatz der vorderen Lamelle erfolgte durch ein freies Hauttransplantat vom Oberlid der gleichen Seite.
Der Lappen und das Transplantat heilten ohne Komplikationen. Die Hautnähte wurden nach einer Woche entfernt. Vier Wochen nach der Operation erfolgte Wiedereröffnen der Lidspalte durch Durchtrennen der konjunktivalen Brücke zwischen Ober- und Unterlid. Die neugebildete Lidkante war dem Bulbus anliegend, die Lidspalten waren symmetrisch, der Lidschluss war vollständig ([Abb. 1] b).
Folgende systemische Untersuchungen im Rahmen eines Stagings wurden durchgeführt: Röntgen-Thorax, Thorax-CT, Sonografie der regionalen Lymphknoten, Oberbauch-Sonografie, dermatologische Untersuchung sowie urologische Untersuchung. Alle Ergebnisse waren normal. Follow-up-Untersuchungen erfolgten nach 1 und 2 Jahren. Dabei zeigte sich eine stabiler Befund ohne Hinweis auf Rezidiv bzw. eine systemische Tumorausbreitung.
Histologische Untersuchung
Die Histologie des Tumors zeigte 2 verschiedene Komponenten. Zum einen zeigten Areale ein invasives mikroazinöses Wachstumsmuster und außerdem mikropapilläre und kribriforme Anteile ([Abb. 2] a, c). Auf der andere Seite zeigten Teile der Läsion ein solideres Wachstumsmuster ([Abb. 2] b) und poroide Zelltypen, die vermutlich präexistent waren. An mehreren Stellen zeigten die Proliferate einen Bezug zur basalen Epidermis durch poroide Zellen. Es bestand eine ausgeprägte ubiquitäre Expression von Zytokeratin(CK)-5 / 6 ([Abb. 2] d). Die Tumorzellen exprimierten CEA und EMA. Darüber hinaus zeigte die Immunhistochemie keine Expression von PSA, TTF1, Zytokeratin(CK)-18, Zytokeratin(CK)-20, Chromogranin, Synaptophysin, PAX5, CD 24 oder Neuron-specific-enolase (NSE). Die Proliferationsfraktion (MIB1-Expression) lag bei 30 % ([Abb. 2] e).
Abb. 2 a 20 × HE-Färbung des Tumors. Invasives Wachstumsmuster und mikropapilläres Wachstum. b 20 × HE-Färbung von Anteilen der Läsion nahe am Resektionsrand mit solidem Wachstumsmuster und poroiden Zelltypen. c 100 × HE-Färbung mit mikroazinärem Wachstum. d Immunfärbung (20 × ): ubiquitäre Expression von CK-5 / 6. e Die MIB-Färbung zeigt eine Proliferationsfraktion von etwa 30 %.Der Nachweis von CK-5 / 6 sprach für einen Tumor epithelialer Herkunft. Die Analyse von TTF1 diente dem Ausschluss einer Hautmetastase eines kleinzelligen Bronchialkarzinoms (TTF-1 + , CK 20–) sowie einem Merkelzellkarzinom (TTF-1–, CK 20 + , NSE + ). Fehlendes Chromogranin und Synaptophysin sprachen ebenfalls gegen einen Tumor mit neuroendokriner Differenzierung. Der Nachweis der fehlenden Expression von PSA diente dem Ausschluss einer Metastase eines Prostatakarzinoms. Fehlendes PAX5 und CD 24 schlossen einen lymphatischen Ursprung des Tumors aus. Das Wachstumsmuster des Tumors, die epitheliale Herkunft der Tumorzellen sowie die Expression von EMA und CEA sichern die Diagnose Porokarzinom.
Literatur
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PD Eckart Bertelmann
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