Gesundheitswesen 2015; 77(02): 81-85
DOI: 10.1055/s-0034-1370996
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Gesundheitliche Chancengleichheit und Kosten-Effektivität: Was sagen wichtige gesundheitspolitische Akteure zu diesem potentiellen Zielkonflikt?

Health Inequalities and Cost-Effectiveness: What do Important Health Policy Actors say about this Potential Conflict Situation?
M. Hofmann
1   Institut für Gesundheitsökonomie und Management im Gesundheitswesen, Helmholtz Zentrum München, Neuherberg
,
A. Mielck
1   Institut für Gesundheitsökonomie und Management im Gesundheitswesen, Helmholtz Zentrum München, Neuherberg
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Publication History

Publication Date:
11 June 2014 (online)

Zusammenfassung

Ziel der Studie:

Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ist solidarisch angelegt und somit dem Ziel der gesundheitlichen Chancengleichheit verpflichtet. Aus ökonomischer Sicht ist zudem zu betonen, dass die Ressourcenknappheit zu fortlaufender Kostenkontrolle und zur Steigerung der Kosten-Effektivität zwingt. Zwischen den Zielen ‚Chancengleichheit‘ und ‚Kosten-Effektivität‘ kann es zu Konflikten kommen, z. B. wenn Maßnahmen zur Steigerung der Kosten-Effektivität zu finanziellen Mehrbelastungen der Versicherten führen. Bisher wurde noch nicht untersucht, ob und wie über diesen potentiellen Zielkonflikt diskutiert wird.

Methodik:

Zunächst wurde in deutsch-sprachigen Fachzeitschriften (Das Gesundheitswesen, Bundesgesundheitsblatt, Ethik in der Medizin) und im Internetportal „gerechte-gesundheit.de“ nach Beiträgen gesucht, in denen dieser potentielle Zielkonflikt angesprochen wird. Im Hauptteil sind schriftliche Veröffentlichungen von 4 ausgewählten gesundheitspolitischen Akteuren durchgesehen worden: Bundesärztekammer, Zentrale Ethikkommission bei der Bundesärztekammer, Deutscher Ethikrat, Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen. Mithilfe einer systematischen qualitativen Inhaltsanalyse wurden dabei jeweils Veröffentlichungen ab dem Jahr 2000 analysiert.

Ergebnisse und Schlussfolgerungen:

Die Analyse ergab, dass der potentielle Zielkonflikt zwischen Chancengleichheit und Kosten-Effektivität bisher nur implizit und andeutungsweise thematisiert wird. Wichtig wäre jedoch eine explizite Diskussion und eine wissenschaftlich begleitete, systematische Analyse von Vorschlägen zur Lösung derartiger Zielkonflikte, z. B. durch eine engere Zusammenarbeit zwischen Sozial-Epidemiologen und Gesundheits-Ökonomen.

Abstract

Objective:

The German statutory health-care system is based on the principle of solidarity and thus it is committed to the objective of ‘equal chances’. From an economic perspective it is also important to emphasise that scarcity of resources continuously pushes the services towards cost control and towards increasing cost-effect­iveness. There could be conflicts between the 2 objectives ‘equal chances’ and ‘cost-effectiveness’, of course, for example if measures for increasing cost-effectiveness lead to increased financial burdens of the insured. To date it has not been studied if and how this potential conflict is discussed in Germany.

Methods:

In a first step we searched for German publications discussing this potential conflict focusing on 3 major public health journals (Das Gesundheitswesen, Bundesgesundheitsblatt, Ethik in der Medizin) and on the internet portal „gerechte-gesundheit.de“. For the main part of the paper, we looked for publications from 4 major health policy actors (Bundesärztekammer, Zentrale Ethikkommission bei der Bundesärztekammer, Deutscher Ethikrat, Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen). All papers published since the year 2000 were included in the system­atic qualitative analysis.

Results and Conclusion:

The analyses show that the potential conflict between ‘equal chances’ and ‘cost-effectiveness’ is rarely discussed in any detail, at most in an implicit way. It would be important, though, to have an explicit discussion, supported by scientifically based analyses and recommendations. One step towards this objective could be, for example, a closer cooperation between social-epidemiologists and health-­economists.