Sprache · Stimme · Gehör 2016; 40(01): 21-24
DOI: 10.1055/s-0041-103297
Schwerpunktthema
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Sprachfreie Intelligenzdiagnostik: Die nonverbalen Intelligenztests SON-R 2½–7 und SON-R 6–40

Nonverbal Assessment of Intelligence: Nonverbal Intelligence Tests SON-R 2½–7 und SON-R 6–40
G. Renner
1   Fakultät für Sonderpädagogik, Pädagogische Hochschule Ludwigsburg
› Author Affiliations
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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Gerolf Renner
Fakultät für Sonderpädagogik
Pädagogische Hochschule Ludwigsburg
Reuteallee 46
71634 Ludwigsburg

Publication History

Publication Date:
04 April 2016 (online)

 

Zusammenfassung

Vorgestellt werden Chancen und Grenzen der nonverbalen Intelligenztests SON-R 2½-7 und SON-R 6–40, die bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit expressiven und rezeptiven Sprachstörungen, Hörstörungen oder anderen Beeinträchtigungen der Kommunikationsfähigkeiten eine konsequent sprachfreie Intelligenzdiagnostik ermöglichen.


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Abstract

In the present article, the strengths and weaknesses of the nonverbal intelligence tests SON-R 2½-7 and SON-R 6–40 are discussed. These tests permit nonverbal cognitive assessment of children, youth, and adults with expressive and receptive language disorders, hearing disorders, and other impairments of communication.


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Lernziel

Der Artikel bietet die Möglichkeit, sich über Testaufbau, Anwendungsmöglichkeiten und Gütekriterien der Nonverbalen Intelligenztests SON-R 2½-7 und des SON-R 6–40 zu informieren sowie Chancen und Grenzen der sprachfreien Intelligenzdiagnostik mit diesen Verfahren kennenzulernen.

Einleitung

Einsatz von Intelligenztests

Intelligenztests für Kinder und Jugendliche werden in vielfältigen klinischen und Beratungskontexten eingesetzt (z. B. Frühförderung, Sozialpädiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Bildungsberatung). Intelligenz ist ein bedeutender Prädiktor für schulisches Lernen und Bildungserfolg, dementsprechend werden die Ergebnisse von Intelligenztests häufig bei der Auswahl von Behandlungs- und Platzierungsmaßnahmen berücksichtigt. Zudem sehen diagnostische Leitlinien bei vielen psychischen und Entwicklungsstörungen eine Erfassung des Intelligenzniveaus vor. So erfordert etwa die Diagnose einer Umschriebenen Entwicklungsstörung des Sprechens und der Sprache nach ICD-10 [1], dass eine Intelligenzminderung ausgeschlossen wurde.


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Testfairness

Bei jeder Leistungstestung muss eine faire Untersuchung gewährleistet sein. Fairness bedeutet, dass Personen mit gleichen Fähigkeiten gleiche Testergebnisse erzielen können. Kinder und Jugendliche mit Hörbehinderungen oder schweren Sprach- und Kommunikationsstörungen werden jedoch bei allen Testaufgaben, die expressive oder rezeptive Sprachleistungen voraussetzen, notwendigerweise niedrigere Testwerte erhalten. Sofern primär sprachliche Kompetenzen erfasst werden sollen, spiegelt dies die Leistungsfähigkeit der Kinder adäquat wider. Werden jedoch – z. B. aufgrund komplexer verbaler Instruktionen oder der Notwendigkeit, Lösungen sprachlich mitzuteilen – auch die Testergebnisse in anderen Fähigkeitsbereichen (z. B. fluide Intelligenz, visuelle Verarbeitung) beeinträchtigt, liegt keine faire Testung vor.

Bei der Intelligenztestung von Kindern und Jugendlichen mit expressiven und rezeptiven Sprachstörungen oder Hörbehinderungen müssen Verfahren eingesetzt, die eine faire Beurteilung möglichst vieler kognitiver Leistungsbereiche erlauben.


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Sprachfreie Diagnostik mit dem SON-R 2½-7 und dem SON-R 6–40

Geschichtlicher Hintergrund

Die nonverbalen Intelligenztests SON-R 2½-7 [2] [3] [4] [5] und SON-R 6–40 [6] [7] [8] [9] sind die aktuellen Formen einer in den 1940er Jahren von der niederländischen Psychologin Nan Snijders-Oomen begründeten Testreihe, deren ursprüngliche Intention die Erfassung kognitiver Leistungen bei gehörlosen Kindern war ([Tab. 1]). Die Testentwicklung erfolgte pragmatisch und ohne Anbindung an eine Intelligenztheorie.

Tab. 1 SON-R 2½-7 und SON-R 6–40 im Überblick.

SON-R 2½-7

SON-R 6–40

Testtyp

Einzeltests zur sprachfreien Intelligenzdiagnostik

Altersbereich

2;3–7;11 Jahre

6;0–40;0 Jahre

Einsatzgebiete

Intelligenzdiagnostik bei …
– expressiven und rezeptiven Sprachentwicklungsstörungen Sprechstörungen (schwere Dysarthrie, Anarthrie)
– Hörstörungen/Hörbehinderung
– Kommunikationsstörungen (z. B. elektiver Mutismus)
– keinen/geringen Kenntnisse der Untersuchungssprache
– kognitiven Entwicklungsstörungen
– leichten Intelligenzminderungen
– anderen Fragestellungen, die eine Erfassung kognitiver Leistungen mit Schwerpunkt fluider Intelligenz erfordern

Durchführungsdauer

laut Manual ca. 40–60 Min

laut Manual ca. 50 Min

Normierung

Deutschland, 2004–2005

Deutschland & Niederlande, 2009–2011

Testwerte

IQ-Werte und Prozentränge für Gesamttest, Handlungsskala und Denkskala; Wertpunkte für Subtests, bei PC-Auswertung Referenzalter

IQ-Werte und Prozentränge für den Gesamttest; Wertpunkte für Subtests, bei PC-Auswertung Referenzalter

Objektivität

Durchführungs-, Auswertungs- und Interpretationsobjektivität weitgehend gesichert.

Reliabilität

Gesamt-IQ: 0,87–0,91 Handlungsskala: 0,74–0,88 Denkskala: 0,80–0,83

Gesamt-IQ: 0,91–0,96

Validitätsdaten

konvergente und divergente Validität mit verschiedenen Intelligenz- und Entwicklungstests; differentielle Validität für klinische Gruppen

konvergente Validität mit verschiedenen Intelligenztests; bei Kindern differentielle Validität für klinische Gruppen

SON-R 2½-7 und SON-R 6–40 ermöglichen eine konsequent sprachfreie Intelligenztestung bei gesicherter Durchführungsobjektivität. Es werden weder expressive noch rezeptive sprachliche Fähigkeiten vorausgesetzt.


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Gestaltung der Aufgaben

Für jeden Schritt der Testdurchführung stehen eine verbale und eine nonverbale Instruktion zur Verfügung. Die zu untersuchende Person muss weder sprechen noch Sprache verstehen; eben so wenig sind Kenntnisse einer Gebärdensprache erforderlich. Durch die spezielle Gestaltung der Aufgabenvorgabe werden die Anforderungen unmittelbar ersichtlich. Da sprachliche Kompetenzen jedoch die Bewältigung sprachfrei durchgeführter Tests erleichtern können, betonen die Autoren, dass es sich um nonverbale Intelligenztests und nicht um Tests der nonverbalen Intelligenz handelt.

Wie bei allen psychometrischen Testverfahren setzt der verantwortungsvolle Einsatz des SON-R 2½-7 und des SON-R 6–40 gründliche testtheoretische und teststatistische Kenntnisse, fundiertes Wissen zur normalen und auffälligen kognitiven Entwicklung, eine handwerklich präzise Testdurchführung mit exakter Einhaltung der Durchführungsrichtlinien sowie eine kindgerechte Beziehungsaufnahme und Gestaltung der Untersuchungssituation voraus.


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Vorschulalter: SON-R 2½-7

Testaufbau

Der SON-R 2½-7 umfasst 6 Subtests:

  1. Mosaike: 2-dimensionale Muster unterschiedlicher Komplexität sollen nachgelegt werden (räumliche Analyse- und Synthese).

  2. Kategorien: Bildkärtchen sollen nach einem bestimmten, selbst zu erkennenden Prinzip sortiert oder zugeordnet werden (Erkennen von Ordnungsprinzipien).

  3. Puzzles: Konkrete Objekte sind aus ungeordnet dargebotenen Einzelteilen zusammenzusetzen (Erkennen räumlicher Beziehungen).

  4. Analogien: Spielsteine, die sich nach Farbe, Form oder Größe unterscheiden, sind nach wechselnden, nicht explizit benannten Prinzipien zu sortieren oder zuzuordnen (schlussfolgerndes Denken).

  5. Situationen: Zuerst sollen Bilderhälften zusammengesetzt werden, was auch aufgrund einfacher visueller Merkmale der Testreize gelingen kann. Bei den schwierigeren Items sollen bei Darstellungen von konkreten Situationen fehlende Bildteile inhaltlich sinnvoll ergänzt werden (konkretes schlussfolgerndes Denken).

  6. Zeichenmuster: Vorgegebene Formen sollen abgezeichnet oder in ein Punktraster übertragen werden (räumlicher Test).

Die Subtests 1, 3 und 6 bilden die Handlungsskala, die Subtests 2, 4 und 5 die Denkskala. Die Testautoren verstehen die gemessenen Fähigkeiten als Maße der fluiden Intelligenz. Im Cattell-Horn-Carroll-Modell der Intelligenz erscheint eine Zuordnung der Denkskala zum Faktor fluide Intelligenz und der Handlungsskala zum Faktor visuelle Verarbeitung möglich [10].


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Handhabung

Das Material ist kindgerecht gestaltet und gut handhabbar. Das Standardvorgehen sieht altersabhängige Einstiegsitems vor. Das Kind erhält bei den ersten Items eine enge Unterstützung. Durchgehend dürfen bei nicht gelösten Items Hilfestellungen gegeben werden, was auch leistungsschwachen Kindern noch Erfolgserlebnisse ermöglicht.


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Validität

Die Subtests können als angemessene und bewährte Aufgabenstellungen zur Erfassung kognitiver Leistungen bezeichnet werden (inhaltliche Validität). Allerdings ist die Konstruktrepräsentanz des Verfahrens eingeschränkt, da bedeutsame Intelligenzkomponenten nicht berücksichtigt werden (z. B. Kristalline Intelligenz, Kurzzeitgedächtnis, Auditive Verarbeitung). Stärken und Schwächen in diesen Bereichen können mit dem SON-R 2½-7 nicht entdeckt werden.

Die konvergente Validität mit anderen Intelligenztests wurde in verschiedenen Studien belegt [2] [11] [12]. Es finden sich – bei uneinheitlicher Befundlage – auch positive Korrelationen zu Sprachentwicklungstests. Vergleichsdaten für klinische Gruppen zeigen u. a. erwartungsgemäß die niedrigsten Werte bei Intelligenzminderungen und knapp durchschnittliche bzw. durchschnittliche Werte bei Kindern mit motorischen Entwicklungsstörungen sowie Aufmerksamkeitsstörungen. Zur prognostischen Validität liegen keine empirischen Daten vor (zu den Gütekriterien siehe auch [Tab. 1]).

Der klinische Einsatz des SON-R 2½-7 sollte bei kognitiv beeinträchtigten Kindern wegen bestehender Bodeneffekte selten vor dem 4. Lebensjahr erfolgen.

Fallbeispiel 1

Petra (4;5 Jahre): Verdacht auf deutliche kognitive Entwicklungsstörung

Petra fiel bei der U8 durch eine stark verzögerte Sprachentwicklung auf. Die ärztliche Untersuchung in einem Sozialpädiatrischen Zentrum ergab den Verdacht auf eine geistige Behinderung; neurologische und Sinnesstörungen wurden ausgeschlossen. Die Mutter war nach dieser Untersuchung ganz verzweifelt. Petra spreche zwar nur wenige Worte, verstehe aber alles und sei auch sonst völlig normal entwickelt. Im Alter von 4;5 Jahren wurde Petra mit dem SON-R 2½-7 getestet. Das Mädchen zeigte sich motiviert und kooperativ und erzielte folgende Ergebnisse:

Testwert

Ergebnis

verbale Beschreibung

Gesamt-IQ

95

durchschnittlich

Handlungsskala

99

durchschnittlich

Denkskala

91

durchschnittlich

Eine geistige Behinderung konnte somit ausgeschlossen werden. Weitere Testbefunde zeigten u. a. weit unterdurchschnittliche Leistungen in Wortschatz, auditiver Merkfähigkeit und Sprachverständnis. Eine logopädische Diagnostik bestätigte deutliche Defizite in Artikulation, Syntax und Grammatik. Die Förderung konnte sich im weiteren Verlauf auf den sprachlichen Bereich konzentrieren. Petra wurde später in eine Schule mit dem Förderschwerpunkt Sprache aufgenommen.

Ein weiteres Fallbeispiel (Verdacht auf kognitive Entwicklungsstörung bei elektivem Mutismus) finden Sie im Internet unter http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0041-103297 (weitere Falldarstellungen in [3], u. a. zu Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen [13], Hörbehinderungen [14] und Intelligenzminderungen [15]).


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Schul- und Erwachsenenalter: SON-R 6–40

Testaufbau

Der SON-R 6–40 besteht aus 4 Subtests, die bei erhöhter Komplexität ähnliche Anforderungen stellen wie die gleichnamigen Subtests des SON-R 2½-7 und zu einem Gesamt-IQ zusammengefasst werden.

  1. Analogien: Es soll erkannt werden, nach welchem Prinzip eine geometrische Form transformiert wurde. Dieses Prinzip ist dann auf einen neuen Stimulus zu übertragen (abstraktes und schlussfolgerndes Denken).

  2. Mosaike: Aus bis zu 6 unterschiedlichen Mosaiksteinen sollen vorgegebene Muster nachgebaut werden (räumliche Analyse- und Synthese).

  3. Kategorien Es werden jeweils 3 Bilder präsentiert, die durch ein gemeinsames Merkmal oder einen Oberbegriff beschrieben werden können. Aus weiteren Bildern sind 2 auszuwählen, die ebenfalls dieses Merkmal aufweisen (Erkennen von Ordnungsprinzipien).

  4. Zeichenmuster: Vorgegebene Muster, die nach einer bestimmten Regel konstruiert wurden und eine Lücke aufweisen, sollen vervollständigt werden (räumliches Denken, visuomotorische Fähigkeiten, Handlungsplanung). Im Gegensatz zum gleichnamigen Subtest des SON-R 2½-7 handelt es sich nicht nur um eine reproduktive Anforderung, es muss auch eine Gesetzmäßigkeit erkannt werden.


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Handhabung

Eine Besonderheit des SON-R 6–40 ist die teiladaptive Itemvorgabe. In den Subtests sind die Aufgaben in 2 oder 3 Reihen mit aufsteigender Schwierigkeit angeordnet. Die Zahl der korrekten Lösungen in einer Reihe bestimmt den Einstiegspunkt in der folgenden Reihe. Wer wenige bzw. viele Aufgaben löst, muss in der Folgereihe keine besonders schwierigen bzw. leichten Aufgaben mehr bearbeiten. Nach jedem Item teilt der Testleiter dem Probanden mit, ob die Aufgabe richtig oder falsch gelöst wurde, dabei dürfen jedoch keine weiteren Erklärungen gegeben werden. Dieses Vorgehen kann durchaus demotivierend wirken.


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Validität

Auch dem SON-R 6–40 kann inhaltliche Validität attestiert werden, wiederum mit der Einschränkung, dass das Konstrukt Intelligenz nur eingeschränkt repräsentiert wird. Daten zur konvergenten Validität mit anderen Intelligenztests und Schulnoten zeigen erwartungskonforme Zusammenhänge. Befunde zum Zusammenhang mit Schulleistungstests und zur prognostischen Validität liegen noch nicht vor (zu weiteren Gütekriterien siehe [Tab. 1]).

Aufgrund der eingeschränkten Konstruktrepräsentanz darf ein durchschnittliches Ergebnis im SON-R 2½-7 und im SON-R 6–40 ohne weitere Evidenz nie als Nachweis einer allgemein unauffälligen kognitiven Entwicklung interpretiert werden.


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SON-R 2½-7 oder SON-R 6–40?

Der Einsatzbereich beider Verfahren überschneidet sich bei Kindern im Alter von 6;0–7;11 Jahren. Beim SON-R 6–40 bestehen in dieser Altersgruppe Bodeneffekte, so dass bei leistungsschwächeren Kindern ein hoher Anteil nicht bewältigter Aufgaben zu erwarten ist. Der SON-R 2½-7 beinhaltet dagegen genügend einfache Items und sollte bevorzugt eingesetzt werden, wenn der Verdacht auf Intelligenzminderungen besteht oder wenn aus motivationalen Gründen mehr Erfolgserlebnisse ermöglicht werden sollen. Der SON-R 6–40 ist besser zur Erfassung überdurchschnittlicher Leistungen geeignet, da der SON-R 2½-7 für ältere Kinder nur wenige herausfordernde Aufgaben bietet und Deckeneffekte aufweist.


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Bedeutung der nonverbalen Intelligenzdiagnostik bei Sprach- und Kommunikationsstörungen

Bei Menschen mit schweren Sprach-, Sprech- und Kommunikationsstörungen, Hörbeeinträchtigungen und mangelnden Kenntnissen der jeweiligen Untersuchungssprache ist eine Beurteilung des kognitiven Leistungsniveaus ohne Sicherung der Testfairness durch eine sprachfreie Untersuchung nicht verantwortbar. Zwingend vermieden werden müssen Fehldiagnosen allgemeiner kognitiver Beeinträchtigungen, die auf den Einsatz stark sprachabhängiger Intelligenztestungen oder auf unzuverlässige subjektive Einschätzungen zurückgehen. Ebenso problematisch ist eine Verengung des diagnostischen Prozesses auf die sprachliche Symptomatik, ohne dass an die Möglichkeit weitergehender kognitiver Beeinträchtigungen gedacht wird, die ein umfassenderes Behandlungskonzept erfordern. Insbesondere lebensbeeinflussende Empfehlungen (z. B. Sonderschulzuweisungen) sollten nicht ohne eine sprachfreie Überprüfung kognitiver Leistungen erfolgen.

Als nonverbale Intelligenztests tragen SON-R 2½-7 und SON-R 6–40 zur Differenzialdiagnostik und zur grundlegenden Maßnahmenplanung bei, nicht jedoch zur Erstellung eines spezifischen Behandlungskonzeptes in der Sprachtherapie. Kenntnisse zum kognitiven Entwicklungsstand – z. B. zur Fähigkeit Kategorien zu bilden und Gesetzmäßigkeiten zu erkennen – können allerdings auch in die Gestaltung von sprachbezogenen Therapie- und Fördermaßnahmen einfließen. Zudem dürfte eine kindgerechte und motivierende Zugangsweise leichter fallen, wenn kognitive Stärken und Schwächen der Kinder bekannt sind.

Fazit

Mit dem SON-R 2½-7 und dem SON-R 6–40 liegen für die sprachfreie Intelligenzdiagostik gut handhabbare und sorgfältig konstruierte Verfahren mit überzeugenden Gütekriterien vor. Die Testbefunde erlauben eine – inhaltlich umgrenzte – Einschätzung des kognitiven Leistungsniveaus bei Menschen, die sich aus unterschiedlichen Gründen nicht expressiv äußern und verbale Anweisungen nicht verstehen können. In der eigenen langjährigen Testpraxis ermöglichte der SON-R 2½-7 einen guten Zugang auch zu stark entwicklungsverzögerten und verhaltensschwierigen Kindern (s. a. [3]).

Umfassende Beurteilungen des kognitiven Entwicklungsstandes sind allein anhand eines sprachfreien Intelligenztests mit begrenzter Konstruktrepräsentanz nicht möglich. In der Zukunft wäre daher für den SON-R 2½-7 und den SON-R 6–40 die Entwicklung neuer Subtests zur sprachfreien Erfassung weiterer Intelligenzfaktoren zu wünschen. Bei Prognosen ist zu berücksichtigen, dass Sprache für Bildungsprozesse, beruflichen Erfolg und gesellschaftliche Teilhabe eine außerordentliche Bedeutung hat und entsprechende Beeinträchtigungen nur begrenzt durch andere kognitive Kompetenzen kompensiert werden können.


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Zur Person

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Prof. Dr. Gerolf Renner arbeitete als Diplom-Psychologe 20 Jahre im SPZ kreuznacher diakonie und ist seit 2011 Professor für Diagnostik und Psychologie an der Fakultät für Sonderpädagogik der PH Ludwigsburg, Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung.

Interessenkonflikt:

Der Autor hat zusammen mit einem der Autoren der hier vorgestellten Testverfahren das Fallbuch SON-R 2½-7 [3] herausgegeben..

Ergänzendes Material

  • Literatur

  • 1 Dilling H, Mombour W, Schmidt MH et al. (Hrsg.) Internationale Klassifikation psychischer Störungen. ICD-10 Kapitel V (F); diagnostische Kriterien für Forschung und Praxis. 5. Aufl. Bern: Huber; 2011
  • 2 Tellegen PJ, Laros JA, Petermann F. SON-R 2½-7. Non-verbaler Intelligenztest. Göttingen: Hogrefe; 2007
  • 3 Petermann F, Renner G (Hrsg.) Fallbuch SON-R 2½-7. Göttingen: Hogrefe; 2010
  • 4 Renner G. Testbesprechung Snijders-Oomen Non-verbaler Intelligenztest SON-R 2½-7 (deutsche Normierung). Psychologie in Erziehung und Unterricht 2008; 55: 76-78
  • 5 Vock M. Testbesprechung Nonverbaler Intelligenztest SON-R 2½-7. Diagnostica 2008; 54: 112-115
  • 6 Tellegen PJ, Laros JA, Petermann F. SON-R 6–40. Non-verbaler Intelligenztest. Göttingen: Hogrefe; 2012
  • 7 Irblich D. Testrezension SON-R 6–40. Prax Kinderpsychol Kinderpsychiatr 2013; 62: 525-531
  • 8 Renner G. Testrezension SON-R 6–40. Psychol Erz Unt 2013; 307-310
  • 9 Toussaint A, Heinze L, Lipsius M et al. Zur Aussagekraft des SON-R 6–40 bei Kindern mit Hörbeeinträchtigung und Kindern mit Migrationshintergrund. Prax Kinderpsychol Kinderpsychiatr 2012; 61: 108-121
  • 10 Mickley M, Renner G. Intelligenztheorie für die Praxis: Auswahl, Anwendung und Interpretation deutschsprachiger Testverfahren für Kinder und Jugendliche auf Grundlage der CHC-Theorie. Klinische Diagnostik und Evaluation 2010; 3: 447-466
  • 11 Janke N, Daseking M, Petermann F. Intelligenzdiagnostik im Kindergartenalter - ein Beitrag zur Validierung des SON-R 2½-7. Diagnostica 2008; 54: 174-183
  • 12 Renner G, Rausch N, Krampen G et al. Der SON-R 2½-7 in der klinischen Praxis. Reliabilität, Validität und Erprobung einer Kurzform. Kindh Entwickl 2009; 18: 232-243
  • 13 Doil H, Aktas M. Sprachentwicklungsstörungen. In: Petermann F, Renner G. (Hrsg.) Fallbuch SON-R 2½-7. Göttingen: Hogrefe; 2010: 31-49
  • 14 Dörr A, Schädler N, Hasmann R. Hörbehinderung. In: Petermann F, Renner G. (Hrsg.) Fallbuch SON-R 2½-7. Göttingen: Hogrefe; 2010: 165-178
  • 15 Irblich D, Renner G. Intelligenzminderung. In: Petermann F, Renner G. Hrsg. Fallbuch SON-R 2½-7. Göttingen: Hogrefe; 2010: 81-106

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Gerolf Renner
Fakultät für Sonderpädagogik
Pädagogische Hochschule Ludwigsburg
Reuteallee 46
71634 Ludwigsburg

  • Literatur

  • 1 Dilling H, Mombour W, Schmidt MH et al. (Hrsg.) Internationale Klassifikation psychischer Störungen. ICD-10 Kapitel V (F); diagnostische Kriterien für Forschung und Praxis. 5. Aufl. Bern: Huber; 2011
  • 2 Tellegen PJ, Laros JA, Petermann F. SON-R 2½-7. Non-verbaler Intelligenztest. Göttingen: Hogrefe; 2007
  • 3 Petermann F, Renner G (Hrsg.) Fallbuch SON-R 2½-7. Göttingen: Hogrefe; 2010
  • 4 Renner G. Testbesprechung Snijders-Oomen Non-verbaler Intelligenztest SON-R 2½-7 (deutsche Normierung). Psychologie in Erziehung und Unterricht 2008; 55: 76-78
  • 5 Vock M. Testbesprechung Nonverbaler Intelligenztest SON-R 2½-7. Diagnostica 2008; 54: 112-115
  • 6 Tellegen PJ, Laros JA, Petermann F. SON-R 6–40. Non-verbaler Intelligenztest. Göttingen: Hogrefe; 2012
  • 7 Irblich D. Testrezension SON-R 6–40. Prax Kinderpsychol Kinderpsychiatr 2013; 62: 525-531
  • 8 Renner G. Testrezension SON-R 6–40. Psychol Erz Unt 2013; 307-310
  • 9 Toussaint A, Heinze L, Lipsius M et al. Zur Aussagekraft des SON-R 6–40 bei Kindern mit Hörbeeinträchtigung und Kindern mit Migrationshintergrund. Prax Kinderpsychol Kinderpsychiatr 2012; 61: 108-121
  • 10 Mickley M, Renner G. Intelligenztheorie für die Praxis: Auswahl, Anwendung und Interpretation deutschsprachiger Testverfahren für Kinder und Jugendliche auf Grundlage der CHC-Theorie. Klinische Diagnostik und Evaluation 2010; 3: 447-466
  • 11 Janke N, Daseking M, Petermann F. Intelligenzdiagnostik im Kindergartenalter - ein Beitrag zur Validierung des SON-R 2½-7. Diagnostica 2008; 54: 174-183
  • 12 Renner G, Rausch N, Krampen G et al. Der SON-R 2½-7 in der klinischen Praxis. Reliabilität, Validität und Erprobung einer Kurzform. Kindh Entwickl 2009; 18: 232-243
  • 13 Doil H, Aktas M. Sprachentwicklungsstörungen. In: Petermann F, Renner G. (Hrsg.) Fallbuch SON-R 2½-7. Göttingen: Hogrefe; 2010: 31-49
  • 14 Dörr A, Schädler N, Hasmann R. Hörbehinderung. In: Petermann F, Renner G. (Hrsg.) Fallbuch SON-R 2½-7. Göttingen: Hogrefe; 2010: 165-178
  • 15 Irblich D, Renner G. Intelligenzminderung. In: Petermann F, Renner G. Hrsg. Fallbuch SON-R 2½-7. Göttingen: Hogrefe; 2010: 81-106

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