Aktuelle Ernährungsmedizin 2016; 41(04): 300-316
DOI: 10.1055/s-0042-110724
Fort- und Weiterbildung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Vitamin D in Klinik und Praxis

Vitamin D in Clinic and Practice
A. Zittermann
1   Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie, Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen, Ruhr-Universität Bochum, Deutschland
,
S. Pilz
2   Klinische Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel, Medizinische Universität Graz, Österreich
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
23. August 2016 (online)

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Zusammenfassung

Vitamin D nimmt unter den Vitaminen eine Sonderstellung ein, da es primär in der Haut durch die UVB-Strahlung (UV: Ultraviolettstrahlung) der Sonne gebildet wird und die alimentäre Zufuhr lediglich eine untergeordnete Rolle spielt.

Wesentliche Risikofaktoren, dass ein Mangel auftritt, sind die Geografie und das Klima Deutschlands sowie verschiedene individuelle Einflussgrößen, die die kutane Vitamin-D-Synthese einschränken.

In der Allgemeinbevölkerung liegt die kutane Vitamin-D-Synthese im Sommer und Winter durchschnittlich in der Größenordnung von 12,5 – 15 µg/Tag bzw. 0 µg/Tag. Sie verfehlt damit deutlich die empfohlene Menge von 20 µg/Tag. Auch die zusätzlich mit der Nahrung aufgenommene Menge von 2,2 – 2,9 µg/Tag füllen diese Lücke nicht. Defizitäre Blutspiegel von 25-Hydroxyvitamin D (< 30 nmol/l) weisen 15 – 18 % der Allgemeinbevölkerung und 25 % der untersuchten Patienten auf. Bei Pflegeheimbewohnern und nichteuropäischen Migrantinnen liegt der Anteil nochmals höher.

Ein ausgeprägter Vitamin-D-Mangel führt bei Säuglingen zu Rachitis und bei Erwachsenen zur Osteomalazie. Im Alter erhöht ein Vitamin-D-Mangel das Frakturrisiko um bis zu 20 % und das Mortalitätsrisiko vermutlich um 10 %. In allen Altersgruppen trägt eine adäquate Vitamin-D-Versorgung wahrscheinlich zu einem verminderten Risiko für Atemwegsinfekte bei.

Bei fehlender endogener Vitamin-D-Synthese (z. B. im Winterhalbjahr) muss eine adäquate orale Zufuhr ggf. durch die Einnahme eines Vitamin-D-Supplements sichergestellt werden. Bei Pflegeheimbewohnern, nichteuropäischen Migrantinnen sowie dunkelhäutigen Personen besteht diese Problematik ganzjährig.

Abstract

Vitamin D is unique among the vitamins, since its major source is skin synthesis by solar UVB exposure, whereas dietary intake plays only a minor role.

Major risk factors of vitamin D deficiency are Germany’s geography, climate and several individual parameters that limit skin synthesis of vitamin D.

In the general population, cutaneous vitamin D synthesis is in summer and winter 12.5 – 15 µg/day and 0 µg/day, respectively, and thus clearly below the recommended amount of 20 µg/day. Dietary vitamin D intakes (on average 2.2 – 2.9 µg/day) do not fill this gap. About 15 – 18 % of the general population and 25 % of patients have deficient blood levels of 25-hydroxyvitamin D (< 30 nmol/l). The proportion is even higher in nursing home residents and non-European migrants.

Severe vitamin D deficiency results in rickets in infants and osteomalacia in adults. Moreover, there is convincing evidence that in elderly people vitamin D reduces fracture risk by up to 20 %. Likely evidence exists that vitamin D reduces mortality risk by 10 % and contributes to reduced risk of airway infections in all age groups.

In the absence of endogenous vitamin D synthesis (e. g. during winter), oral supplements should ensure adequate daily vitamin D intake, where appropriate. This is particularly true for nursing home residents, non-European migrants and dark-skinned people.