Rehabilitation (Stuttg) 2004; 43(6): 358-367
DOI: 10.1055/s-2004-828530
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Stationäre Nachsorge bei rheumatischen Erkrankungen - Konzept, Erprobung und Akzeptanz

Inpatient Booster Group Treatment in Rheumatic Diseases: Concept, Trial, and AcceptanceI.  Ehlebracht-König1 , A.  Bönisch1
  • 1Rehazentrum Bad Eilsen - Internistisch-rheumatologische Klinik der LVA Hannover
Gefördert vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, Frankfurt/Main - Projekt B1 im Rehabilitationswissenschaftlichen Forschungsverbund Niedersachsen/Bremen (RFNB); Förderkennzeichen 02306
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Publication Date:
24 November 2004 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund: Zur Verstetigung der Reha-Effekte nach einer stationären medizinischen Rehabilitation wurde ein stationäres Gruppen-Nachsorgeprogramm für rheumatische Erkrankungen (chronische Polyarthritiden, Spondarthropathien, Fibromyalgie) entwickelt, welches 3 - 5 Monate nach der Rehabilitation durchgeführt wird. Es dient einerseits der Auffrischung und Vertiefung, andererseits werden neue Inhalte vermittelt (z. B. über Ernährung). Trainingselemente und edukative Bausteine stehen im Vordergrund des Konzeptes. Methodik: 140 Patienten nahmen an insgesamt 19 Nachsorgewochen teil. Die Akzeptanz des Programms wurde am Ende der Nachsorgewoche mit einem Fragebogen sowie in einem Abschlussgespräch erfasst. Ergebnisse: Die Verständlichkeit der vermittelten Inhalte und die Gruppenatmosphäre wurden sehr positiv beurteilt. Der Gesamtnutzen der Nachsorgewoche wurde mit Werten um die Note 2 (1 = sehr hilfreich, 6 = überhaupt nicht hilfreich) eingeschätzt. Besonders positiv wurden von den Teilnehmern die Konzeption als Gruppenangebot und die damit verbundenen Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch hervorgehoben. Gleichzeitig bestand jedoch der Wunsch nach mehr Einzelanwendungen aus der klassischen Rehabilitation. Hinsichtlich der Therapiemenge der einzelnen Bausteine bestand der Wunsch nach mehr freien Therapien, Betreuung durch den Arzt und mehr Physio- und Sporttherapie sowie nach mehr Pausen. Von den psychologischen Bausteinen wünschten sich die Teilnehmer weniger sowie insgesamt einen geringeren Seminaranteil. Zwischen den Gruppen gab es insgesamt wenig Unterschiede, jedoch scheint die Bewertung durch die Patienten mit Spondylitis ankylosans in einigen Bereichen günstiger auszufallen. Schlussfolgerung: Die Teilnahme der Patienten und die Akzeptanz der Nachsorgewoche ist als positiv zu werten. Schwierig war es jedoch, die traditionellen Erwartungen der Patienten an eine stationäre Rehabilitation auf ein verhaltensmedizinisch ausgerichtetes Programm hin zu verändern. Zu überlegen wäre, inwieweit das von den Teilnehmern als wichtig eingeschätzte Gruppensetting und der damit verbundene Erfahrungsaustausch auch innerhalb einer „normalen” Rehabilitation verstärkt Berücksichtigung finden kann.

Abstract

Background: A one-week booster group treatment in rheumatic diseases (rheumatoid arthritis, spondylarthropathies, fibromyalgia) was developed in order to stabilize rehabilitation effects after medical rehabilitation. The program took place in an inpatient setting 3 - 5 months after rehabilitation, aimed at refreshing and deepening already learnt contents as well as teaching new subjects (e. g. about dietetics). Training and educational elements are given priority in this concept. Method: A total of 140 patients participated in 19 booster weeks. At the end of each booster week the acceptance was assessed by questionnaire and in a round-table discussion. Results: Comprehensibility and group atmosphere were judged very positively. The course was also considered very helpful, helpfulness being rated with marks about 2 (1 = very helpful, 6 = not at all helpful). Participants especially appreciated the course's framework as a group setting emphasising the exchange of experience with co-patients. At the same time, however, participants wished more individualized treatment such as physiotherapy or massage. With regard to the quantity of the various therapy elements, participants would have preferred more traditional spa therapy, more medical treatment by a physician, more group physiotherapy and sports. They would also have liked more breaks. In general fewer psychological elements, less discussion and reflection but more physical activity was wished for. Little difference was found between the various diagnoses, but the program was rated slightly more positively by the patients with spondylarthropathies. Conclusion: Overall, the great number of people participating in the program and their acceptance of the booster week are positive. Patients appreciated the group setting and the possibilities of exchanging experience on a high level. But it was difficult to change patients' traditional expectations concerning medical rehabilitation to a behaviour-orientated course like ours. It is worth thinking about whether this concept should play a greater role in traditional medical inpatient rehabilitation programming.

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Dr. med. Inge Ehlebracht-König

Rehazentrum Bad Eilsen · LVA Hannover

Harrlallee 2

31707 Bad Eilsen

Email: inge.ehlebracht-koenig@lva-hannover.de

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