Rehabilitation (Stuttg) 2004; 43(6): 390-391
DOI: 10.1055/s-2004-834557
Bericht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

„Berufsbezogene Therapiemaßnahmen in der psychosomatischen und medizinischen Rehabilitation: Forschungsstand, Praxis und Perspektiven” - 11. Fachtagung des Rehabilitationswissenschaftlichen Forschungsverbundes Bayern (RFB) am 7./8. Mai 2004 in Prien

„Vocationally Focused Interventions in Psychosomatic and Medical Rehabilitation: Research Findings, Practice, and Perspectives” - 11th Conference of the Bavarian Rehab Sciences Research Network, RFB on May 7/8, 2004 in PrienA.  Hillert1 , S.  Koch1 , H.  Faller2
  • 1Medizinisch-Psychosomatische Klinik Roseneck, Prien am Chiemsee
  • 2Rehabilitationswissenschaftlicher Forschungsverbund Bayern, c/o Institut für Psychotherapie und Medizinische Psychologie der Universität Würzburg
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Publication History

Publication Date:
24 November 2004 (online)

Ziel einer vom Rehabilitationswissenschaftlichen Forschungsverbund Bayern (RFB) und der Medizinisch-Psychosomatischen Klinik Roseneck in Prien am Chiemsee ausgerichteten Fachtagung zum Thema „Berufsbezogene Therapiemaßnahmen in der psychosomatischen und medizinischen Rehabilitation: Forschungsstand, Praxis und Perspektiven” war die Zusammenführung aktueller Forschungsergebnisse zu berufsbezogenen Behandlungsansätzen in der medizinischen und psychotherapeutischen Rehabilitation mit einer Bestandsaufnahme der diesbezüglich in den Kliniken praktizierten berufsbezogenen Angebote.

Die Tagung begann mit Vorträgen von Vertretern der Rentenversicherungsträger. Dr. A. Kobelt von der Landesversicherungsanstalt (LVA) Hannover und C. Härdel von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin stellten die Bedeutung spezifischer berufsbezogener Behandlungskonzepte heraus und zeigten Verbesserungspotential etwa hinsichtlich der tatsächlichen Inanspruchnahme von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf. Dipl.-Psych. M. Bechtoldt (Universität Frankfurt, Arbeitsgruppe Prof. Dr. D. Zapf) informierte über den aktuellen Forschungsstand zum Thema „Mobbing”, Dr. S. Hedlund (Prien am Chiemsee) über Techniken und berufsbezogene Anwendungsmöglichkeiten des Coaching.

Der folgende Tag war zunächst der Präsentation wissenschaftlicher Evaluationen gewidmet. Vorgestellt wurden im Rahmen des RFB durchgeführte Kooperationsprojekte der tiefenpsychologisch ausgerichteten Psychosomatischen Klinik Bad Neustadt/Saale (Prof. Dr. M. Beutel, Dipl.-Psych. R. Zwerenz, Dr. L. Schattenburg, Dr. R. J. Knickenberg) und der verhaltenstherapeutischen Klinik Roseneck (PD Dr. Dr. A. Hillert, Dipl.-Psych. S. Koch, Dipl.-Psych. D. Staedtke, Dr. U. Cuntz). Hierbei ging es zunächst um eine randomisierte Evaluation der beruflichen Belastungserprobung, also parallel zur stationären Behandlung durchgeführter, therapeutisch begleiteter Praktika von Patienten an Praktikumsplätzen außerhalb der Klinik. Im Langzeitverlauf - nach 12 bzw. 24 Monaten - zeigte sich in subjektiven wie objektiven Parametern ein deutlicher Vorteil für die Teilnehmer an einer beruflichen Belastungserprobung (Stichwort: return to work). Aufgrund des hohen therapeutischen Aufwandes, der bei einer solchen Maßnahme zu leisten ist, und anderer limitierender Faktoren wurden in einem weiteren Schritt berufsbezogene Therapiegruppen konzipiert und evaluiert, in denen u. a. Stressbewältigungsstrategien und soziale Kompetenz am Arbeitsplatz interaktiv vermittelt werden. Diesbezügliche Katamnesen laufen.

Vor diesem Hintergrund stellten anschließend Vertreter engagierter Kliniken die in ihren Einrichtungen realisierten Aktivitäten dar: E. Anton von der Klinik St.-Franziska-Stift Bad Kreuznach berichtete über sozialtherapeutische Beratungsangebote, berufsbezogene Therapiegruppen und die Durchführung der beruflichen Belastungserprobung einschließlich Evaluationsdaten. Desgleichen wurden die berufsbezogenen Behandlungsangebote der Psychosomatischen Klinik Bad Dürkheim (Dipl.-Psych. H. Schulze), der Psychosomatischen Klinik Bad Neustadt/Saale (Dr. L. Schattenburg), der Psychosomatischen Klink Bad Bramstedt (R. Bartmuss), der Neurologischen Fachklinik Herzogenaurach (Dipl.-Psych. H. Kulke), der Medizinisch-Psychosomatischen Klinik Roseneck (A. Marienfeld) und der Klinik am Homberg, Bad Wildungen (Dr. A. Harrach) vorgestellt.

Zwar gelten berufsbezogene Angebote inzwischen in zahlreichen Rehabilitationskliniken als selbstverständlich. Inhaltliche, qualitative und quantitative Unterschiede zwischen psychoedukativen Vorträgen, sozialtherapeutischer Einzelberatung und Therapiegruppen zu Themen wie Rente, Arbeitsbewältigung oder spezifischen Problemen älterer Arbeitnehmer oder auch Technologie- und Funktionstrainings sind jedoch groß.

Einerseits wurde deutlich, dass solche berufsbezogenen Ansätze von Patienten wie Therapeuten oftmals als substanzieller Beitrag zur Sicherung und Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit geschätzt werden. Andererseits war unübersehbar, dass es bislang an einer adäquaten Kommunikation zwischen den in diesem Bereich engagierten Praktikern mangelt. Zudem sind methodisch tragfähige Evaluationen rar.

Es bleibt zu hoffen, dass von der Arbeitstagung, die mit insgesamt 70 Teilnehmern in angenehmer Atmosphäre unweit des Chiemsees stattfand, weiterführende Impulse zu einer Intensivierung des Austausches zwischen allen Beteiligten und Initiativen zur Evaluation berufsbezogener Behandlungskonzepte ausgehen - als Grundlage hoher, evidenzbasierter Standards berufsbezogener Behandlungsangebote in der Rehabilitation.

PD Dr. Dr. Andreas Hillert

Medizinisch-Psychosomatische Klinik Roseneck

83209 Prien am Chiemsee

Email: ahillert@schoen-kliniken.de

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