Aktuelle Ernährungsmedizin 2021; 46(06): 391-396
DOI: 10.1055/a-1668-3813
Übersicht

Wie (un)gefährlich ist die einfache Fettleber?

The Harmfulness of Simple Steatosis
Anja Figge
Sektion Metabolische und präventive Medizin, Medizinische Universitätsklinik, Knappschaftskrankenhaus Bochum
,
Andreas Jähnert
Sektion Metabolische und präventive Medizin, Medizinische Universitätsklinik, Knappschaftskrankenhaus Bochum
,
Ali Canbay
Sektion Metabolische und präventive Medizin, Medizinische Universitätsklinik, Knappschaftskrankenhaus Bochum
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Zusammenfassung

Neuere, nichtinvasive bildgebende Verfahren, die den Fettgehalt und die Steifigkeit der Leber bestimmen, werden zunehmend zur Verlaufskontrolle bei Patienten mit nichtalkoholischer Fettlebererkrankung (NAFLD) eingesetzt. Dadurch kann die Leberbiopsie Patienten mit unklaren Befunden vorbehalten bleiben. Westlicher Lebensstil, Veränderungen des enteralen Mikrobioms, Kofaktoren wie Begleiterkrankungen und Medikamente sowie genetische Prädispositionen beeinflussen die Krankheitsentstehung und -progression. Wichtigster prognostischer Faktor der NAFLD ist das Auftreten einer Leberfibrose. Jedoch finden sich zunehmend auch Komplikationen, insbesondere der primäre Leberzellkrebs bei NAFLD-Patienten, ohne dass eine nichtalkoholische Steatohepatitis (NASH) zuvor bekannt war oder eine fortgeschrittene Fibrose oder Zirrhose vorliegt. Eine Komorbidität der NAFLD mit Diabetes mellitus Typ 2 ist auch bei simpler Steatose mit einer erhöhten Sterblichkeit assoziiert. Die NAFLD als hepatische Manifestation des metabolischen Syndroms ist ein unabhängiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Komplikationen. Neben dem primären Leberzellkrebs lassen sich auch extrahepatische Neoplasien, insbesondere das kolorektale Karzinom und das Mammakarzinom, bei NAFLD-Patienten insgesamt, aber auch bei Patienten mit simpler Steatose gehäuft nachweisen. Somit sollte beim Umgang mit NAFLD-Patienten, auch bei simpler Steatose, über den „hepatologischen Tellerrand“ hinaus das Bewusstsein für die hier beschriebenen zahlreichen metabolischen, kardiovaskulären und neoplastischen Assoziationen geschärft werden. Es gilt bei dieser prävalenten Erkrankung, ganzheitliche Präventionskonzepte interdisziplinär zu prüfen und zu evaluieren. Die strukturierte Etablierung und Evaluierung spezialisierter Versorgungszentren für Patienten mit NAFLD, einschließlich der interdisziplinären Evaluation und Betreuung von Patienten mit simpler Steatose, stellen angesichts der aktuellen Datenlage und der Prävalenz eine große Herausforderung für sämtliche Akteure des Gesundheitssektors dar.

Abstract

Over the past decades, non-alcoholic fatty liver disease (NAFLD) has emerged as the leading cause of chronic liver diseases in western societies. While the complications of NAFLD progression and particularly non-alcoholic steatohepatitis (NASH) have been widely recognized and statistically proven by emerging numbers of NASH related cirrhosis, transplantations and liver cancer, simple steatosis was widely recognized as a rather benign manifestation of NAFLD. However, emerging data suggests simple steatosis to be associated with increased mortality, related to hepatic- and extrahepatic manifestations of multiple metabolic and inflammatory complications of the disease. This brief review focusses on novel aspects related to the pathogenesis and clinical relevance of simple steatosis. Based on these findings, we recommend a thorough interdisciplinary approach to patients with simple steatosis by dedicated specialized centers. The rising prevalence demands the implementation and evaluation of non-invasive screening methods and multidisciplinary preventive approaches, as according to current data, we face an epidemic of hepatic steatosis in over 25 % of the population.



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Article published online:
10 December 2021

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