Aktuelle Ernährungsmedizin 2012; 37(5): 254
DOI: 10.1055/s-0032-1318992
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Intensivmedizin – Enterale Ernährung und Erythromycin

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Publication Date:
09 November 2012 (online)

Laut Beobachtungsstudien treten bei bis zu 30% der Intensivpatienten Durchfälle auf, wenn Erythromycin die enterale Ernährung als Prokinetikum ergänzt. Deane et al. untersuchten nun, ob Erythromycin die Glukose- und Fettabsorption im Dünndarm und die Transitzeit der Nahrungsbestandteile beeinflusst.

Am J Clin Nutr 2012; 95: 1396–1402

Insgesamt 32 schwerstkranke Beatmungspatienten wurden analysiert. Alle hatten eine Dünndarmsonde für die enterale Ernährung und erhielten in der verblindeten Studie 0 bis 20 Minuten vor der Nahrungszufuhr intravenös 200 mg Erythromycin oder Placebo. An zwei Studientagen erfolgten anschließend in 15- bzw. 30-minütigen Intervallen Untersuchungen zur Glukose- (3-O-Methylglukose im Serum) und Fettabsorption (13C-Triolein-Atemtest). Die Dünndarmtransitzeit wurde szintigrafisch ermittelt (Kobaltmarkierung).

Die Glukosekonzentrationen vor der Erythromycingabe unterschieden sich nicht. In beiden Gruppen stiegen die Werte nach der Ernährung an und der Spitzenblutzucker war vergleichbar (p < 0,001 und p = 0,55). Erythromycin erhöhte die Glukoseabsorption im Vergleich mit Placebo signifikant (p = 0,029). Die „Time-to-Peak-Konzentration“ unterschied sich nicht wesentlich. Die Lipidabsorption wurde durch Erythromycin nicht signifikant beeinflusst, aber zeigte einen starken Trend zu einer Verminderung (13CO2 10,4% vs. 22,6%; p = 0,06). 5 Patienten der Erythromycin- und 4 der Placebogruppe hatten eine Transitzeit >360 Minuten. Diese wurde bei insgesamt 17 Patienten bestimmt und war tendenziell verlängert, wenn Erythromycin appliziert worden war (300 vs. 228 Minuten; p = 0,07; nicht signifikant). Dies galt nicht für Patienten mit einer Ernährungsintoleranz, die durch ein Residualvolumen des Magens von mindestens 250 ml vor Studienbeginn definiert war. Die Autoren räumen ein, dass ausschließlich ein Monosaccharid und langkettige Triglyceride bestimmt worden seien. Die Extrapolation der Resultate auf die Beeinflussung der Absorption anderer Kohlenhydrate und Triglyceride sei nicht möglich. Hierzu seien weitere Untersuchungen erforderlich. Der Beobachtunsgzeitraum sei zudem mit jeweils 6 Stunden nach Erythromycingabe an nur 2 Tagen kurz gewesen.

Fazit

Erythromycin erhöhte bei schwerstkranken Patienten die Glukoseabsorption und reduzierte tendenziell die Lipidaufnahme. Die Transitzeit wies einen Trend zur Verlangsamung auf. Die Beobachtungen seien im Hinblick auf die Anwendung von Erythromycin als Gastrokinetikum bedeutsam.

Dr. med. Susanne Krome, Melle