Gesundheitsökonomie & Qualitätsmanagement 2002; 7(3): 155-160
DOI: 10.1055/s-2002-33125
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Die ökonomischen Funktionen des Wettbewerbs im Gesundheitswesen: Anspruch, Realität und wirtschaftspolitischer Handlungsbedarf

The Economic Functions of Competition in the Health Care System: Purpose, Update Situation and Practical Need for ActionM.  Mörsch1
  • 1Johannes Gutenberg-Universität, Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre (Univ.-Prof. Dr. H. Bartling), Mainz
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Publication Date:
05 August 2002 (online)

Zusammenfassung

Der Wettbewerb auf dem Markt für Gesundheitsdienstleistungen erfüllt gegenwärtig keine der Funktionen, die ihm in Marktwirtschaften üblicherweise zugedacht sind. Dieses „Wettbewerbsversagen” resultiert jedoch nicht aus strukturellen Besonderheiten dieses Marktes, sondern in erster Linie aus der Setzung von Fehlanreizen durch die derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen. Eine Erhöhung der Effektivität der Wettbewerbsprozesse kann vor allem durch Veränderungen in den angewandten Vergütungssystemen sowie durch die Einräumung von mehr Handlungsfreiheit für die gesetzlichen Krankenkassen erreicht werden. Zwingend notwendig ist außerdem die Schaffung einer Infrastruktur, die es den Patienten ermöglicht, sich besser als bisher über die Qualität der Leistungsanbieter zu informieren.

Abstract

The competition in the market for health care services fulfills at present none of the functions, which are usually assigned to it in market economies. This „market failure”, however, is not due to special features of the market structure, but primarily to the lack of incentives, through present basic legal conditions. An increase of the effectiveness of the competition processes can be particularly achieved by modifications in the applied remuneration systems as well as by the grant of more freedom of action for the statutory health insurance companies. The creation of an infrastructure that enables the patients to be better informed about the quality of the providers of health care services, is also imperative.

Literatur

  • 1 Außer ökonomischen Funktionen hat Wettbewerb in Marktwirtschaften auch klassisch-politische Funktionen zu erfüllen. Neben der Begrenzung staatlicher Macht gegenüber Privaten gehört dazu auch die Kontrolle privater Wirtschaftsmacht. Die Konzentration liegt im Folgenden jedoch ausschließlich auf den ökonomischen Wettbewerbsfunktionen. 
  • 2 Breyer F, Zweifel P. Gesundheitsökonomie (3. Auflage). Berlin u. a.; Springer 1999
  • 3 Neben den im Gesundheitswesen in unterschiedlichen Ausprägungen auftretenden Informationsmängeln stellen das Vorliegen gravierender externer Effekte, chronisch-branchenruinöse Marktstrukturen und (de-)meritorische Güter weitere mögliche, aber korrigierbare Ursachen für ein Wettbewerbsversagen dar. 
  • 4 Bartling H. Schlussfolgerungen aus Entwicklungstendenzen der Wettbewerbstheorie für die Wettbewerbspolitik.  WuW. 1993;  1 16-30
  • 5 o. V .Gesundheit und Frieden sind die Herzenswünsche der Deutschen. Repräsentative Umfrage des R+V-Infocenters für Sicherheit und Vorsorge.  In: http://www.ruv.de/infos/presse/kurztraeume.html, Stand: 19. 3. 2001. 
  • 6 Für den Bereich der so genannten „vertragsärztlichen Versorgung” (ambulanter Bereich) haben gemäß § 87 Abs. 1 SGB V die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen einen einheitlichen Bewertungsmaßstab zu vereinbaren. Dieser bestimmt u. a. den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und damit den Umfang des Teils des GKV-Leistungskatalogs, der den ambulanten Sektor betrifft. Das Verzeichnis der Leistungen für die Krankenhausbehandlung (stationärer Bereich) ist gemäß § 39 Abs. 3 SGB V von den Landesverbänden der Krankenkassen, den Verbänden der Ersatzkassen, der Bundesknappschaft und der See-Krankenkasse gemeinsam unter Mitwirkung der Landeskrankenhausgesellschaften und den Kassenärztlichen Vereinigungen zu erstellen. 
  • 7 § 12 Abs. 1 SGB V. 
  • 8 § 2 Abs. 1 SGB V. 
  • 9 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung .Chancen auf einen höheren Wachstumspfad. Jahresgutachten 2000/2001. Stuttgart; Metzler-Poeschel 2000: Tz. 467 ff
  • 10 Eine gegenteilige Aussage käme im Übrigen dem Eingeständnis gleich, dass die von vielen befürchtete „Zwei-Klassen-Medizin” bereits realisiert ist. 
  • 11 Hayek F A v. Der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren. In: von Hayek FA (Hrsg.) Freiburger Studien. Gesammelte Aufsätze. Tübingen; Mohr 1969: 249-265
  • 12 In erster Linie handelt es sich bei diesen um seine eigene Arbeitszeit und die seiner Angestellten sowie die zur Leistungserstellung benötigte Kapitalausstattung, vor allem in Form der Praxisräume und der medizinischen Geräteausstattung. 
  • 13 § 87 SGB V. 
  • 14 § 17 b KHG. 
  • 15 Dies bedeutet nicht, dass auf flankierende Maßnahmen - wie eine verbesserte Patienteninformation - verzichtet werden könnte. 
  • 16 Die Höhe der Vergütung je erbrachter Einzelleistung ergibt sich, indem die Punktanzahl der spezifischen Einzelleistung - festgelegt durch den Einheitlichen Bewertungsmaßstab - mit dem für das Abrechnungsquartal gültigen Punktwert multipliziert wird. Der Punktwert wird durch die für die jeweilige Region zuständige Kassenärztliche Vereinigung bestimmt. Diese hat dabei den Umfang der Gesamtvergütung, d. h. das zur Entlohnung der Vertragsärzte in einem Quartal zur Verfügung stehende Ausgabenvolumen, zu berücksichtigen. Aufgrund dieser Budgetierung der Gesamtvergütung führt derzeit ein Anstieg der Menge der von der Gesamtheit der Ärzte erbrachten Einzelleistungen zu einem sinkenden Punktwert. Inwieweit die Einzelleistungen im Hinblick auf das Behandlungsergebnis sinnvoll kombiniert wurden, beeinflusst die Höhe des Punktwertes hingegen nicht. 
  • 17 Meyer D. Der Nulltarif im Gesundheitswesen zur Steuerung des medizinisch-technischen Fortschritts.  WiSt. 1993;  7 348-352
  • 18 So hätte etwa die Aufnahme der Akupunktur in den Kreis der erstattungsfähigen GKV-Leistungen das Vergütungsvolumen, das zur Honorierung der übrigen ärztlichen Leistungen zur Verfügung steht, um schätzungsweise 600 Mio. DM verringert; vgl. dazu Trapp C. Stiche gegen die Akupunktur. In: http://www.netdoktor.de/topic/Akupunktur/debatte.htm, Stand: 22. 3. 2001. 
  • 19 Prinz A, Vogel A. Ergebnisorientierte Vergütung von niedergelassenen Ärzten.  Sozialer Fortschritt. 2000;  10 233-237
  • 20 Zu den Möglichkeiten zur Bestimmung der Qualität von Gesundheitsdienstleistungen vgl. Möller J. Methoden zur Bewertung der Qualität im Gesundheitswesen. Gesundh ökon Qual manag. 2001 2: 26-33
  • 21 http://www.agv.de. 
  • 22 http://www.ktq.de. 
  • 23 o. V. Die Ärzte-Liste 2000. Teil 1-10. Focus 2000: 43-52
  • 24 Schwartz F W, Jung K. Vorüberlegungen für mittelfristige Reformschritte in der Gesetzlichen Krankenversicherung.  Sozialer Fortschritt. 2000;  4 70-75

M. Mörsch

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