Gesundheitswesen 2014; 76(06): 366-374
DOI: 10.1055/s-0033-1357199
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Das Image von Hausärzten aus Perspektive von Patienten mit und ohne türkischem Migrationshintergrund – eine qualitative Studie

The Image of General Practitioners from the Perspective of Patients with and without a Turkish Migration Background – A Qualitative Study
S. Uslu
1   Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Heidelberg
,
I. Natanzon
1   Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Heidelberg
,
S. Joos
1   Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Heidelberg
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
28. Oktober 2013 (online)

Zusammenfassung

Ziel der Studie:

Um die medizinische Versorgung von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zu verbessern, gilt es eventuell vorhandene Besonderheiten im Medizinverständnis zu berücksichtigen. Ziel der vorliegenden Studie war es, das hausärztliche Image aus Patientenperspektive zu explorieren und potentielle Unterschiede in den Meinungen zwischen Patienten[*] mit und ohne türkischem Migrationshintergrund zu evaluieren.

Methodik:

Es wurden 5 leitfadengestützte Fokusgruppen mit Patienten mit und ohne türkischem Migrationshintergrund in deutscher Sprache durchgeführt. Dabei wurde neben einem Leitfragenkatalog die Collage-Technik angewendet, um das Image von Hausärzten anhand von Bildern zu explorieren. Die Auswertung erfolgte inhaltsanalytisch nach Mayring mit dem Computersoftwareprogramm ATLAS.ti.

Ergebnisse:

Bei den Fokusgruppendiskussionen drückten sich alle Patientengruppen überwiegend positiv über das hausärztliche Image aus. Mittels der Collagetechnik konnten auch einige negative Aspekte zutage gebracht werden, wobei hier geringfügige Unterschiede zwischen Teilnehmern mit und ohne türkischem Migra­tionshintergrund beobachtet werden konnten. Diese zeigten eine verstärkt negative Attribuierung der Hausärzte hinsichtlich finanzieller Aspekte durch die Teilnehmer ohne Migrationshintergrund und eine eher paternalistisch geprägte Sichtweise der Arzt-Patient-Beziehung bei den Teilnehmern mit türkischem Migrationshintergrund. Bezüglich eines Imagewandels der ­Hausärzte im Laufe der Zeit wurde der Hausarzt früher als „mächtig“ und „unerreichbar“ angesehen, aus heutiger Sicht habe dies auf ein „Normalmaß“ abgenommen. Die zunehmende Informiertheit von Patienten über medizinische Belange und der höhere Arbeitsdruck auf Seiten der Ärzte werden als maßgebliche Faktoren für diesen Imagewandel angesehen. Das Image von Hausärzten in der Türkei wurde im Vergleich zu Deutschland eher negativ eingestuft.

Schlussfolgerung:

Insgesamt stellte sich das Image von Hausärzten aus Patientenperspektive überwiegend positiv dar, wobei nur geringfügige Unterschiede in den Meinungen zwischen sprachkompetenten Teilnehmern mit und ohne türkischem Migrationshintergrund in den Collagen zu erkennen waren. Spezifische Vorgehensweisen oder Qualifizierungsmaßnahmen auf Seiten der Hausärzte scheinen daher für die Versorgung dieser Patientengruppe nicht notwendig.

Abstract

Objective:

In order to improve the medical care of people with migration background, the existing specialties in medical understanding must be taken into account. The aim of this study was to explore the image of general practitioners from the viewpoint of patients and to evaluate possible differences in the perception of patients with and without a Turkish migration background.

Methods:

5 focus groups with participants with and without migration background were assessed in German language. In addition to a predefined interview guideline, the collage technique was used in order to explore the image of the practitioners through pictures. The content analysis was conducted according to Mayring using the software program ATLAS.ti.

Results:

The patients revealed a highly positive image about the general practitioners. By means of the collage technique some negative aspects could be identified which were not discussed in the focus groups. Only minimal differences in the opinions of participants with and without Turkish migration background could be observed. These were a strongly negative attribution to the general practitioners with regard to financial aspects by the participants without migration background on the one hand and a rather paternalistic viewpoint by the participants with Turkish migration background on the other hand. Asked about an image change of general practi­tioners, the overall opinion has changed over the years from doctors being considered to be “powerful” and “unapproachable” to a “normal” level. Major reasons for this image change were attributed to the fact that patients are becoming increasingly informed about medical issues through the internet and the high work pressure of general practitioners. The image of general practitioners in Turkey was perceived more negative as compared to Germany.

Conclusion:

The image of general practitioners from the perspective of patients is predominantly positive. Altogether, only minor differences in the perception of German speaking patients with and without Turkish migration background could be identified. Therefore, specific ways of proceeding or qualification measures for general practitioners do not seem necessary in this context.

* Die Angaben beziehen sich auf Angehörige beider Geschlechter. Aus Gründen der Lesbarkeit wurde im Text nur die männliche Form gewählt.