Zusammenfassung
Ziel der Studie: Es wird untersucht, welche Aufgaben die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) in
der Prävention hat, ob diese konsistent in Rechtsnormen und mit konsistenten Anreizinstrumenten
umgesetzt wurden und ob die politisch beabsichtigte Stärkung der Prävention eingetreten
ist.
Methoden: Aus dem Sozialgesetzbuch V werden synoptisch die Aufgaben, Rechtsnormen und Anreizinstrumente
zusammengestellt und in ihren Wirkungen und Interaktionen untersucht. Aus den Jahresrechnungen
der GKV wird die Entwicklung der Ausgaben insgesamt und in den einzelnen Präventionsfeldern
gegenübergestellt.
Ergebnisse: Die Aufgabenzuschreibungen der GKV in der Prävention folgen keinem klaren wissenschaftlichen
Leitbild. Sie scheinen vielmehr das sich historisch wandelnde Verständnis von den
Möglichkeiten der Prävention und zeitgenössige Politikansätze ihrer Förderung abzubilden.
Gegenwärtig führen unterschiedliche Rechtsnormen sowie eine Vielzahl verschiedener
Anreizinstrumente zu inkonsistenten Wirkungen und Zielkonflikten. Die Präventionsausgaben
der GKV haben nur einen Anteil von 2% an allen Leistungsausgaben, wovon der größere
Teil auf medizinische Leistungen wie Vorsorge, Schutzimpfungen und Früherkennungsuntersuchungen
fällt. Während die Leistungsausgaben der GKV kontinuierlich steigen, haben sich die
Präventionsausgaben seit 2009 sogar verringert.
Schlussfolgerung: Die derzeitigen Regelungen der Präventionsaufgaben der GKV bedürfen einer Vereinheitlichung
und Bereinigung inkonsistenter Anreize. Es ist nicht erkennbar, weshalb die Maßnahmen
der Gesundheitsförderung, Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention bei vergleichbarer
Evidenzbasis unterschiedlich behandelt werden sollten. Bei den Anreizinstrumenten
sollte beachtet werden, dass die Ziele von Krankenkassen und Versicherte nicht deckungsgleich
sein müssen. Anreize zur Förderung der Präventionsausgaben der Krankenkassen dürften
dort besonders wirksam sein, wo ein betriebswirtschaftlicher Nutzen der Prävention
nicht besteht.
Abstract
Objectives: This study examines what role the German statutory health insurance (GKV) has in
health promotion and prevention, if regulations and incentives are consistent, and
if the politically-intended strengthening of prevention has been achieved.
Methods: We compiled the regulations and incentives of the German Sozialgesetzbuch V as the
legal basis for health promotion and prevention of the GKV and studied their effects
and interactions. Using annual financial reports of GKV we determined how the spending
in prevention overall and in specific fields of prevention has developed.
Results: The responsibilities of the GKV in health promotion and prevention lack a clear scientific
foundation. Regulations have been incrementally added following changing ideas in
prevention and health promotion policies. Currently, different norms and a variety
of incentives lead to inconsistent and conflicting aims. Only 2% of all expenditures
of the GKV are for health promotion and prevention, mainly spent for medical measures
like preventive medical check-ups or vaccination. While spending of the GKV in general
is rising, expenditures for prevention have decreased since 2009.
Conclusions: There is a need to harmonise the different regulations in health promotion and prevention
and to correct currently inconsistent incentives in the GKV. Given the similar evidence
base there seems to be no reason why responsibilities for health promotion and primary,
secondary or tertiary prevention should be regulated by different normative constructs.
Incentives should account for the different aims of health insurers and their members.
Financial incentives to increase spending in prevention may be particularly effective
when there is no short-term financial interest for the health insurer.
Schlüsselwörter
GKV - Prävention - Gesundheitsförderung - Anreize - Präventionsausgaben
Key words
health insurance - prevention - health promotion - incentives - spending for prevention