Aktuelle Ernährungsmedizin 2016; 41(02): 103-112
DOI: 10.1055/s-0042-102153
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Weiterentwicklung der Curricula in Ernährung und Diätetik – Pharmakologie füllt Lücken, schafft Klarheit und bringt Mehrwerte

Improvement of Current Nutrition and Dietetics Curricula – Pharmacology Bridges Gaps, Clarifies and Creates Added Values
H. Jenzer
1   PhD, Spitalapothekerin FPH, Dozentin – Leiterin aF&E Ernährung & Diätetik, Berner Fachhochschule, Fachbereich Gesundheit, aF&E Ernährung und Diätetik
,
L. Sadeghi
2   PhD, Public Health Nutritionist, Dozentin – stv Leiterin, aF&E Ernährung & Diätetik, Berner Fachhochschule, Fachbereich Gesundheit, aF&E Ernährung und Diätetik
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Publication Date:
11 April 2016 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund: Bisherige Auffassungen über gesunde Lebensmittel und Ernährungsverhalten werden in neuen Publikationen relativiert. Die Ernährungsfachkräfte haben einen Handlungsbedarf, bestehende Mehrwerte aufzuzeigen und neue zu kreieren. Speziell wird der Frage nachgegangen, ob synergistische Kenntnisse in Ernährungswissenschaft und in Pharmakologie (und Toxikologie) einen wesentlichen Mehrwert für bessere Resultate der Ernährungstherapien darstellen können.

Material und Methodik: Eine Auswahl Referenzen von Pubmed, Embase, ScienceDirect und Google Scholar dienten als Grundlage für die Evaluation des Stellenwerts der Pharmakologie für die Ernährungsfachkräfte. Zudem wurden Kursevaluationen der seit 2012 an der Berner Fachhochschule BFH angebotenen Pharmakologie Weiterbildungskurse für die Disziplin Ernährung und Diätetik herangezogen. Da die Fragestellung neu ist, wird aus Fallbeispielen durch vollständige Induktion eine Allgemeinaussage abgeleitet.

Ergebnisse: Mehrwerte können dank Pharmakologie in Public Health Nutrition oder in interdisziplinärer individualisierter Ernährungstherapie geschaffen werden. Die Gesamtbevölkerung kann von der Mustererkennung in der Ernährung profitieren, während für einzelne Patienten oder Gruppen von Patienten Mehrwerte durch Investitionen in die verbesserte Betreuung der enteralen und parenteralen Ernährung, in die Förderung der Wundheilung durch geeignete Ernährung, genderadaptierte Ernährungstherapie, Anpassung der Kostformen bei Dysphagiepatienten sowie in Nutrigenomics, Food-Drug-Interaktionen und Screening von unerwünschten Wirkungen entstehen können.

Schlussfolgerung: Um Mehrwerte für die Ernährung und Diätetik erschließen zu können, ist die Aus-, Weiter- und Fortbildung entsprechend auszurichten, um neue Managed-Care-Aufgaben übernehmen zu können. Die Vermittlung eines Pharmakologie-Basiswissens ist das geeignete Mittel, um die Kompetenz und Sicherheit zur Erkennung und Triage von Food-Drug-Interaktionen zu erlangen. Für die öffentliche Hand hat außerdem die Kostformanpassung bei Dysphagiepatienten das Potenzial für einen volkswirtschaftlichen Sparbeitrag und für ein verbessertes klinisches Outcome.

Abstract

Background: What has been up until now considered as healthy food and eating behaviour might not be as obvious according to new publications. Dietitians will have to communicate existing and new added values. In this article, it will be particularly examined if pharmacology (and toxicology) can contribute to create new added values.

Material and Methods: A selection of references from Pubmed, Embase, ScienceDirect and Google Scholar served to estimate the importance of pharmacology for nutrition and dietetics. Evaluations from pharmacology workshops held at Bern University of Applied Sciences BFH since 2012, were considered as well. A general view of dietitians’ added values was inductively derived from both literature references and from practice.

Results: Dietitians can bring an added value into Public Health Nutrition and personalised nutrition support such as obtained by synergies arising from a multi-disciplinary nutrition support team. The entire population can profit from nutritional pattern recognition, whereas individuals or special patient groups would rather benefit from improved enteral and parenteral nutrition support, gender adapted nutrition support, modification of textures for dysphagia patients, nutrigenomics, prevention of food-drug-interactions and of adverse medicines events.

Conclusion: Educational needs, teaching goals and learning objectives must be identified to exploit added values in dietetics. Teaching the principles of pharmacology will be a suitable strategy to provide the needed competences and skills for a task shifting according to a managed care approach. Public health nutrition will be mainly interested in anticipating food-drug-interactions and in texture adaption of meals for dysphagia patients to minimise the taxpayer’s financial burden and to improve clinical outcomes.