Zusammenfassung
Angesichts des wiederholten Einforderns von Ergebnissen zum Endpunkt gesundheitsbezogene
Lebensqualität im Zuge der frühen Nutzenbewertung sowie der anhaltenden methodischen
Diskussionen stellt sich die Frage, welche Geltung diese Zielgröße im bisherigen Verlauf
erfahren hat. Um die Stellung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität im Bewertungsprozess
zu bestimmen, wurden die veröffentlichten Dokumente zu den ersten 90 Verfahren diesbezüglich
akteursbezogen extrahiert und synoptisch bewertet. Die Erkenntnisse sind vielschichtig.
Im Grundsatz zeigt sich die Schwierigkeit, eine qualitative Zielgröße zu quantifizieren
und deren Wertigkeit zu verorten. Erkennbar ist, dass der Endpunkt gesundheitsbezogene
Lebensqualität in einer Reihe von Verfahren a priori nicht erhoben wurde. Liegen hingegen
Daten zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität vor, so kann vielfach ein Zusatznutzen
nicht abgeleitet werden. In den verbleibenden Fällen schließlich wird ein solcher
in der Mehrzahl vom IQWiG bzw. G-BA nicht anerkannt. Die Einbeziehung der gesundheitsbezogenen
Lebensqualität im Studiensetting scheint zuzunehmen, allerdings ist allzu häufig eine
explorative Konzeptualisierung des Endpunktes auszumachen. Entsprechend heterogen
stellt sich das vorgefundene Evidenzniveau dar. Neben nicht erreichten statistischen
Signifikanzen für eine, einen Zusatznutzen begründende, Berücksichtigung benennen
die Evaluationsberichte insbesondere diverse methodische Limitationen, die aus Sicht
der Bewertungsinstanzen einen Ausschluss begründen. So werden etwa hohe Anteile fehlender
Patientendaten oder Schwierigkeiten bei der Interpretierbarkeit der Messergebnisse
angeführt. Hinsichtlich der dahinterstehenden Bewertungssystematiken zeigen sich allerdings
Inkonsistenzen bei der Anwendung sowohl konzeptioneller als auch methodischer Standards.
Um die Wertigkeit des Endpunktes gesundheitsbezogene Lebensqualität innerhalb der
frühen Nutzenbewertung zu erhöhen, erscheint es notwendig, verlässliche (Mess-)Standards
konsensuell zu etablierten. Zudem sollten die Wertungskriterien transparenter gemacht
und eine Harmonisierung mit dem Zulassungsprozess zumindest für die Erstbewertung
angestrebt werden.
Abstract
Considering repeated demands to present data on health-related quality of life (HRQoL)
in the context of early benefit assessment of drugs in Germany, on the one hand, and
the ongoing methodical debates on this outcome, on the other, the question about its
significance in the evaluation procedure has been raised. Published documents of the
first 90 early benefit assessments were extracted in order to estimate the importance
of HRQoL in the assessment process for each involved stakeholder, and synoptically
evaluated. The main challenge is to quantify a qualitative effect variable and to
estimate its value. In several early benefit assessments, HRQoL had not been elicited
a priori. In many cases where some data on HRQoL are presented, no added benefit can
be derived. Finally, in most of the remaining assessments, no added benefit was recognized
by IQWiG or the Federal Joint Committee. Even though the incorporation of HRQoL in
clinical trial protocols is increasing, the endpoint is mostly conceptualized in an
explorative manner. Hence, there is heterogeneity in the identified evidence. Beyond
missing statistical significance, the assessment reports refer to a range of different
methodological limitations, leading the responsible stakeholders to exclude HRQoL
from their assessments, e. g. a high proportion of missing patient data or difficulties
in the interpretation of the measurement results are mentioned. Regarding the implemented
assessment approaches, inconsistencies in the applied conceptual and methodological
standards were uncovered. To increase the importance of the endpoint HRQoL in the
context of the early benefit assessment of drugs, establishing reliable measurement
standards by consensus seems to be necessary. Furthermore, the valuation criteria
should be made more transparent and attempts must be made to harmonize them with the
approval process for at least the first early assessment of a new drug.
Schlüsselwörter Gesundheitsbezogene Lebensqualität - Frühe Nutzenbewertung - AMNOG - Hersteller -
IQWiG - Gemeinsamer Bundesausschuss
Key words health-related quality of life - early benefit assessment - AMNOG - manufacturers
- IQWiG - Federal Joint Committee